Alpentour 2004

2. Tag: Roßfeldstraße - Kehlsteinhaus - St. Bartholomä

Am zweiten Tag wollten wir die legendäre Roßfeldstraße befahren und uns anschließend das Kehlsteinhaus ansehen. Doch als wir nach ausgiebigem Frühstück zu unserem Auto zurückkehrten, wartete erst einmal ein Schock in Person eines Polizeibeamten auf uns, der gerade Spuren sicherte und Fotos machte: Über Nacht hatten irgendwelche Kriminellen das Verdeck aufgeschlitzt und versucht, in den Innenraum zu gelangen. Dabei sind sie dann offensichtlich von der Alarmanlage verscheucht worden. Es müssen blutige Amateure gewesen sein, denn dass das Auto alarmgesichert ist, kann jeder Dummkopf auf den ersten Blick sehen. Auch gab es im Fahrzeug nichts zu holen. Vielleicht ging es aber auch nur um Vanda­lis­mus, immerhin wurden auf dem Parkplatz noch weitere Fahrzeuge beschädigt. Uns konnte es egal sein, das Verdeck war jedenfalls unwiederbringlich zerstört.

Natürlich passiert so etwas auf einem Sonntag, wo alle Werkstätten geschlossen sind. Unser Glück war nur, dass das Wetter nach wie vor hervorragend war, so dass es weder in der Nacht in das Fahrzeug geregnet hatte, noch wir tagsüber ein Verdeck gebraucht hätten. Wir entschlossen uns also dazu, unsere Fahrt wie geplant anzutreten.

Die Roßfeldstraße ist eine der schönsten Alpenstraßen Deutschlands. Sie führt über den Obersalzberg auf eine Höhe von 1.600 m, unmittelbar in die alpine Bergwelt des Berchtesgadener Landes. Zahlreiche Aussichtsplateaus mit genügend Parkplätzen laden zum Rundblick ein. Kehlstein, Hoher Göll und das Tennengebirge sind nur einige der zu betrachtenden Erhebungen beeindruckenden Ausmaßes. Die Strecke ist zwar mautpflichtig, aber die Tarife halten sich in erträglichen Grenzen (Pkw mit Fahrer 4€, jede weitere Person 1,50 €), und das Preis-Leistungs-Verhältnis ist hervorragend. Unterwegs wird einem alles geboten, was man als Flachlandpreuße sonst nur aus Heimatfilmen kennt: Almen, Kühe mit Kuhglocken, Hütten, Wald und eben die Berge. An der höchsten Stelle befindet sich wiederum ein größeres Aussichtsplateau.

Wir haben es übrigens nicht bereut, recht früh aufgebrochen zu sein, weil es dann noch nicht so voll ist und wir somit freie Fahrt hatten. Nichts kann einem eine kurvenreiche Bergtour im Cabrio mehr vermiesen als ein mit 6 km/h vorausfahrendes Wohnmobil. Überholmöglich­kei­ten gibt es auf der verwinkelten, vielfach äußerst steilen Straße kaum, gefahrlose sowieso nicht.

Vom Ende der Roßfeldstraße ist es nur ein Katzensprung bis zur Busstation, an der die Busse zum Kehlsteinhaus abfahren. Selbiges wurde Hitler auf Initiative Bormanns im Namen der NSDAP zum 50. Geburtstag geschenkt. Es handelt sich um ein massiv gebautes Steinhaus auf dem Gipfel des Kehlsteins, das nur über eine eigens gebaute, schmale Straße zu erreichen ist, die für den öffentlichen Verkehr gesperrt und nur Ausflugsbussen vorbehalten ist. Das Haus wurde - ebenso wie die Straße - 1937/38 erbaut und von Hitler nur äußerst selten besucht. Es diente den Nazis zur Unterbringung von Diplomaten. Nach dem Krieg wurde es - anders als die "Wolfsschanze" auf dem benachbarten Obersalzberg - nicht in die Luft gejagt, sondern der Nachwelt erhalten. Heute befindet sich in seinem Innern ein Lokal. Eine Gedenkstätte oder auch nur einen Hinweis auf die Historie des Hauses sucht man vergeblich, lediglich im Shop ist ein Video mit der Entstehungsgeschichte erhältlich.

Die Busfahrt bergauf dauert ca. eine Viertelstunde und ist sehr teuer (13 €, mit Kurkarte um 50 Cent ermäßigt). Sie endet an einem Tunnel, der ca. 100 m in das Berginnere führt. An dessen Ende wiederum befindet sich ein Aufzug, der 124 m hoch direkt in das Kehlsteinhaus führt. Natürlich kann man von der Busstation aus auch dorthin wandern, der Aufstieg dauert ca. eine halbe Stunde. Angeblich ist der Aufzug noch im Originalzustand, aber das kann m.E. höchstens für das goldene Interieur stimmen, denn eine Technik, die ca. 30 Passagiere in vielleicht 15 Sekunden geräuschlos 124 m in die Höhe befördert, gab es damals mit Sicherheit noch nicht. Oben angekommen bietet sich dem Betrachter wiederum ein herrlicher Ausblick. Über das Berchtesgadener Land kann man bei klarer Sicht bis nach Salzburg schauen. Auch der Königssee ist als kleiner Teich zu erkennen. Das Kehlsteinhaus selbst ist ebenso wie der Zugangstunnel ein Musterbeispiel für die Nazi-Architektur. Dicke Wände, massive Steine und pompöse Ausstattung erinnern eher an eine Ritterburg als an eine Freizeitvilla. Ich nehme an, der Führer wollte es so. Das Geschenk kann auch nicht ganz billig gewesen sein, allein die Straße dorthin dürfte Millionen Reichsmark verschlungen haben.

Zurück in Königssee haben wir dann noch einen Bootsausflug nach St. Bartholomä gemacht. Dabei handelt es sich um eine Kapelle, die im hinteren Drittel des Königssees am Westufer liegt. Dort gibt es einen Biergarten und zahlreiche Wandermöglichkeiten, aber auch der Bootstörn über den See (ca. 30 Minuten, 11 € pro Nase) lohnt sich für sich genommen schon. Interessant fand ich z.B. eine Einlage auf etwa halber Strecke, als uns die Echobläser vom Königssee mittels eines Hornsolos vorführten, wie der Schall von den Gebirgsmassiven über den Königssee zurück geworfen wird. Anlässlich dieser Vorführung wurde mir klar, dass ich noch nie ein richtiges Echo gehört hatte, denn selbiges ist etwa mit dem Wiederhall in einem engen Gebäude oder Tunnel überhaupt nicht zu vergleichen, eher schon mit einer Zweitstimme beim Gesang.
Die Kapelle selbst ist sicher sehr spannend für Kapellen-Interessierte, wir haben hingegen le­dig­lich einen kurzen Blick hinein geworfen und von jeglicher Touri-Aktivität wie Fotografieren im Inneren abgesehen. Stattdessen haben wir uns auf einer Bank die Sonne ins Gesicht scheinen lassen und vor der Rückfahrt noch von den frisch gefangenen Forellen gekostet, die der örtliche Fischermeister mit exklusiver Sondererlaubnis aus dem Königssee fischen darf.

Bilder:



Die Roßfeldstraße an einem Flachstück.



Bergpanorama vom Aussichtsplateau an der Roßfeldstraße.



Das Kehlsteinhaus. Ganz rechts unten im Hintergrund Berchtesgaden.



Ausflugsboot nach St. Bartholomä in der Hafenausfahrt.



Die Kapelle St. Bartholomä vom Königssee aus.