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Güstrow
Unser zweiter Urlaubstag begann mit einem persönlichen Rekord für Rundreisen ohne Gruppe: Bereits um 6 Uhr waren wir auf den Beinen, und um 7 Uhr saßen wir reisefertig im Auto! Kein Wunder, wenn die Besichtigung einer so attraktiven Stadt wie Güstrow auf dem Programm steht (und man 10 Stunden geschlafen hat). Nein, ohne Witz: Güstrow ist nicht unbedingt eine Schönheit, zieht aber Besucher durch die Kunst Ernst Barlachs an. Barlach, einer der bedeutendsten deutschen Bildhauer, lebte seit 1910 in Güstrow und hat der Stadt zahlreiche Werke hinterlassen. Nicht umsonst hat man sich offiziell in "Barlachstadt Güstrow" umbenannt. Berühmte Söhne in den Stadtnamen aufzunehmen ist eine im Osten übrigens nicht seltene Praxis, wie die nur 50 km entfernte "Reuterstadt Stavenhagen" beweist. Jedenfalls befindet sich im Dom zu Güstrow (kleines Bild) der "Schwebende", ein von Barlach gestalteter Engel, der an Seilen aufgehängt horizontal über dem Erdboden schwebt. Genauer gesagt handelt es sich um eine Kopie, denn den echten "Schwebenden" haben die Nazis im Krieg eingeschmolzen. Überhaupt sind viele Werke Barlachs, der im Dritten Reich als "entartet" galt, in jener Zeit vernichtet, heute aber wieder rekonstruiert worden.

Nicht, dass wir den "Schwebenden" zu Gesicht bekommen hätten, nein, die Kirche öffnete erst um 10 Uhr (zur Erinnerung: Wir waren früh unterwegs, und auf zwei Stunden Wartezeit hatten wir keine Lust). So gaben wir uns in Güstrow vorerst mit dem Anblick des Stadtschlosses zufrieden und wandten uns unserem Alternativplan zu.

Stadtschloss in Güstrow:
 

Schon am Vortag hatten wir nämlich eine spontane Änderung der Reiseroute beschlossen, die nun einen Schlenker entlang der Ostseeküste vorsah, genauer gesagt nach Warnemünde und Dierhagen. Das Wetter war einfach zu schön, um die Ostsee ganz auszulassen.

Warnemünde
Warnemünde liegt oberhalb von Rostock. Man erreicht es von Güstrow aus schnell und problemlos über die wenig befahrene A 19. Einziges Ärgernis: Man muss durch den Warnowtunnel, für den doch tatsächlich eine Mautgebühr von 2,80 Euro erhoben wird! Wo gibt's denn sowas? Egal, der Abstecher hat sich in jedem Fall gelohnt, denn Warnemünde ist ein wunderschöner Küstenort mit einer gelungenen Trennung aus Hafen, Stadt und Strand.

Hafeneinfahrt von Warnemünde:
 

Den besten Blick über den Ort hat man von alten Leuchtturm aus (kleines Bild). Streng genommen öffnet selbiger zwar auch erst um 10 Uhr seine Pforten (wie überhaupt alles in MeckPom), aber für uns drückte man unbürokratisch ein Auge zu. Vielen Dank nochmals an den freundlichen Leuchtturmwärter für eine geschenkte Viertelstunde! Wieder unten angekommen war es dann endlich nach 10, und man konnte lebensnotwendige Einkäufe tätigen (in meinem Fall: Softeis erwerben).

Nach einem kurzen Bummel an der Strandpromenade entlang zurück im Hafen, überwanden wir die knapp 100m des Hafenbeckens mit einer unverschämt teueren Fähre (4,50 Euro für 30 Sekunden Transport) und setzten unsere Fahrt durch die Rostocker Heide Richtung Dierhagen fort.

Dierhagen
Genau genommen gibt es "Dierhagen" gar nicht, sondern nur zwei durch eine Bundesstraße getrennte Ortsteile, "Dierhagen Dorf" und "Dierhagen Strand". Ersteres ist für Einheimische, letzteres für Touristen. Im Gegensatz zur Warnemünde ist in Dierhagen Strand so gut wie nichts los. Es gibt eine Fischbude, einen Chinesen, ein Cafe und einen Laden mit Strandbedarf, das war's. Große Hotels sucht man vergebens. Gott sei Dank, möchte ich hinzufügen, denn beschauliche Badeörtchen sind wirklich selten geworden. Wir ließen es uns jedenfalls bei einem Mittagssnack (Tomate Mozzarella) auf der Terrasse des Cafes gutgehen und genossen die Ruhe und den unverbauten Blick über den weitläufigen, fast menschenleeren Strand. Anschließend liefen wir die paar Kalorien auf einem Spaziergang am Wasser wieder ab.

Güstrow revisited
Am frühen Nachmittag führte unser Weg noch einmal nach Güstrow, wo nun auch der Dom geöffnet hatte und wir den "Schwebenden" von Barlach endlich in voller Schönheit zu Gesicht bekamen. Die Figur hängt übrigens bewusst in einer dunklen Ecke der Kirche und wirkt, nicht zuletzt durch ihre schwarze Farbe und ihre stilisierten Gesichtszüge, einerseits gutmütig und beruhigend, andererseits aber auch ein wenig unheimlich.

"Der Schwebende" von Ernst Barlach im Güstrower Dom:
 

Burg Schlitz
Einen kleinen Umweg auf der Weiterfahrt nach Kittendorf, unserer Station für die Nacht, widmeten wir der Burg Schlitz. Selbige liegt westlich des Malchiner Sees an der B 108 zwischen Teterow und Waren, eingebettet in einen herrlichen Park. Trotz ihres Namens erinnert Burg Schlitz eher an eine klassizistische Villa als an eine Burg, was sich aus der Historie des Gebäudes erklärt: 1806 ließ Graf von Schlitz gt. Goertz den Vorgängerbau - eine heruntergekommene Burg - abreißen und von Friedrich Adam Leiblin das jetzige Herrenhaus errichten, das 1824 fertiggestellt wurde. Seit einiger Zeit beherbergt es ein Luxushotel.

Burg Schlitz:
 

Highlight des angesprochenen Parks ist der "Nymphenbrunnen", ein wunderschön in die Landschaft integrierter Brunnen, den ein Bild besser beschreibt als 1000 Worte:

Nymphenbrunnen im Park der Burg Schlitz:
 

Weiter ging es entlang der "Deutschen Alleenstraße" nach Kittendorf, wo uns das örtliche Schlosshotel Quartier für die Nacht bot. Auf der ganzen Reise, aber vor allem auf diesem Abschnitt war wirklich der Weg das Ziel, denn unterwegs konnte man Natur pur genießen. Spontan fielen einem ein paar Zeilen aus Sepp Herbergers Lieblingslied ein:

Felder, Wiesen und Auen
Leuchtendes Ährengold
Ich möchte so gerne noch schauen
Aber der Wagen, der rollt

 
 
Zwei Impressionen entlang der "Deutschen Alleenstraße":
 

Man bekommt entlang der Mecklenburger Seenplatte aber nicht nur Natur zu sehen. Vielmehr gibt es Burgen und Schlösser, wohin das Auge blickt. Und dies keineswegs nur in größeren Städten wie Schwerin oder Güstrow, nein, jedes noch so kleine Kaff scheint ein eigenes Schloss zu besitzen. Neben der bereits erwähnten Burg Schlitz fiel uns besonders das Schloss in Basedow positiv auf, einem Dorf von knapp 800 Einwohnern.

Basedower Schloss:
 

Da konnte unser Hotel zwar nicht ganz mithalten; ein solcher Vergleich tut Schloss Kittendorf aber sehr Unrecht, denn von innen wie außen ist es seinerseits ein hervorragend restauriertes, liebevoll mit Antiquitäten eingerichtetes Schmuckstück. Der Schlosspark gehört außerdem zu den größten und schönsten Anlagen in ganz Mecklenburg.

Schlosshotel Kittendorf: