2. Tag 
 

Am zweiten Tag unseres Aufenthalts blieb uns vor dem Fußballspiel, das erst um 17.30 Uhr angepfiffen werden sollte, noch genügend Zeit für eine weitere Exkursion in die Stadt. Um unser Hotel herum lag zwar Morgens noch dichter Nebel, aber nach der U-Bahnfahrt in die Stadt hatte er sich bereits komplett verzogen.

Als erster Programmpunkt stand ein Besuch der Pinakothek auf dem Programm. Das wohl berühmteste Kunstareal Münchens gliedert sich inzwischen in drei Hauptgebäude, die alte Pinakothek, die neue Pinakothek und die Pinakothek der Moderne. Daneben sind die Glyptothek und vor allem das Lenbachhaus mit seiner Sammlung der Künstlergruppe "Blauer Reiter" (Kandinsky, Marc, Macke u.a.) sehenswert. Uns hatte es die Pinakothek der Moderne angetan, in welcher - der Name ist Programm - "moderne Kunst" zu bestaunen ist. Man muss bei moderner Kunst m.E. ganz klar differenzieren zwischen dem Schrott, der zuhause sofort in die Mülltonne wandern würde (z.B. der ganze Kram von Joseph Beuys), den wunderbaren Werken der klassischen Moderne (hier vor allem vertreten durch Picasso, Beckmann und Ernst) und der zeitgenössischen Kunst, hinter der man tatsächlich noch einen originellen schöpferischen Gestaltungsakt entdecken kann (den Bildern von Andy Warhol zum Beispiel). Die Pinakothek der Moderne beheimatet von allem etwas, glücklicherweise streng voneinander getrennt.

Etwas eigenwillig ist die Gestaltung der Eintrittspreise in der Pinakothek der Moderne: Unter der Woche neun Euro, am Sonntag nur einen Euro. War uns Recht, denn es war Sonntag. Nach ca. einer Stunde waren wir so fußmüde, dass wir im Museumscafe erst einmal ausruhen mussten, zumal als nächstes ein langer Spaziergang zum Schloss Nymphenburg geplant war. Schon oft haben wir die Erfahrung gemacht, dass es sich an der frischen Luft wesentlich leichter laufen lässt als in einem Museum, und diesmal war es glücklicherweise genauso. Sonst hätten wir den anschließenden Marsch wohl nicht überlebt. 

Schloss Nymphenburg, westlich von München gelegen, ist eine schlicht-edel wirkende Anlage gigantischen Ausmaßes. Kurfürst Ferdinand war über die Geburt seines Thronfolgers so erfreut, dass er 1664 Baumeister Agostino Barelli mit der Errichtung eines Sommerschlosses beauftragte, das er
seiner Gemahlin Henriette Adelaide von Savoyen widmete. Nach der Fertigstellung des Hauptgebäudes wurde das Schloss mehrfach durch Erweiterungsbauten aufgemotzt. Heraus kam das heute zu bewundernde, weitläufige Areal.

Für Spaziergänger ist weniger das Schloss selbst interessant als vielmehr der mindestens einen Kilometer lange, an den Reflecting Pool in Washington D.C. erinnernde Ausläufer des Schlossgrabens, der die nördliche und südliche Auffahrtsallee teilt. Dieser Kanal war noch zugefroren (Bild), und trotzdem das Betreten verboten war, gingen Viele auf dem Eis spazieren. Einige spielten sogar Eisstockschießen. Eingebrochen ist niemand, wir bevorzugten aber dennoch den sicheren Fußgängerweg am Rand entlang. Unmittelbar vor dem Schloss weitet sich der Schlossgraben zu einem Teich, der größtenteils abgetaut war. Einige Dutzend Schwäne und einige hundert Enten paddelten auf ihm herum. Am Schloss angekommen stellten wir fest, dass sich hinter dem Hauptgebäude noch ein ebenfalls vollständig mit Schnee bedeckter, riesengroßer botanischer Garten anschließt. Es wäre sicherlich interessant zu sehen gewesen, wie der Garten im Sommer blüht, aber auch im Winter hatten das Schloss und die Anlage 'drumherum durchaus ihren Reiz.

Zurück im Hotel ruhten wir uns noch etwas aus, bevor es zur eigentlichen Hauptsache ging, dem Spiel des FC Bayern München gegen den FC Schalke 04 in der Allianz Arena. Ich hatte natürlich mein Makaay-Trikot mitgenommen, dazu einen Fanschal und eine Bayernmütze. Hätte nicht gedacht, dass ich diese treu gehüteten Devotionalien einmal würde einsetzen können (wenngleich ich das Makaay-Trikot schon einmal bei einem Auswärtsspiel der Bayern in Bochum getragen hatte). 

Mit der völlig überfüllten U-Bahn brauchten wir ca. eine halbe Stunde vom Hotel zur Arena, deutlich länger also die vom Hotel prospektierten 10 Minuten. Zwar hatten wir etwas Luft gelassen, aber den Fußmarsch von der Haltestelle Fröttmaning zur Arena, die Einlasskontrolle und die Platzsuche eingerechnet, waren wir doch erst ganze acht Minuten vor dem Anpfiff auf unseren Plätzen. Etwas Zeit ging natürlich auch noch für ein Foto von der Allianz Arena 'drauf, die schon bei Tageslicht einen sehr futuristischen, imposanten Anblick bot (Bild). Außerdem hatte ich noch zwei Gutscheine für je einen halben Liter Weißbier am Paulanerstand einzulösen.

Unsere Plätze der Kategorie 3 für 30 Euro befanden sich unmittelbar hinter dem Tor in der Nordkurve, wo Bayern- und Schalkefans bunt gemischt saßen. Man hatte allerbeste Sicht, eine teurere Karte hätte sich überhaupt nicht gelohnt. Ich verstehe ohnehin nicht, worin der Vorteil eines Platzes entlang der Seitenlinie bestehen soll. Sehr bewährt haben sich übrigens unsere eigens mitgebrachten, flauschigen Sitzkissen, denn die Hartschalensitze hatten die Kälte der vergangenen Stunden, Tage, Wochen und Monate bestens gespeichert.

Das Spiel selbst war in der ersten Halbzeit richtig schlecht. Beide Mannschaften neutralisierten sich völlig, es gab überhaupt keine Torszenen. Erst in der zweiten Halbzeit wurde es besser, weil Bayern München unmittelbar nach dem Wiederanpfiff das 1:0 gelang. Danach lockerte Schalke etwas die Deckung, und Bayern boten sich zunehmend Konterchancen. Eine davon nutzte Pizarro bald zum 2:0. Danach war der Kuchen gegessen, Schalke bemühte sich nur noch halbherzig, und Bayern verwaltete das Ergebnis souverän. Kurz vor dem Abpfiff gelang Roy Makaay noch das 3:0 für Bayern.

Nach dem Spiel bot die Arena einen noch spektakuläreren Anblick als zuvor. Mittlerweile war es dunkel geworden, und die Waben der Arena können bekanntlich weiß, blau und rot zum Leuchten gebracht werden. Bei Bayernspielen leuchten sie selbstverständlich rot, und der Anblick dieser riesigen, feuerrot leuchtenden Schüssel vor dem schwarzen Hintergrund der Nacht ist einfach einmalig. Sogar die Schalkefans schossen zu Hunderten Fotos von der Arena. Wie oft kommt es vor, dass Fans des Gästevereins das fremde Stadion fotografieren?

Etwas weniger angenehm war dann die Rückfahrt zum Hotel. Die obligatorische Warterei am Bahnsteig, wenn geschätzte zwanzigtausend Menschen auf einmal abtransportiert werden wollen, nimmt man ja noch in Kauf. Aber dass die Münchener Verkehrsbetriebe Sonntags um 19.40 Uhr bereits den Betrieb einiger U-Bahnstrecken komplett einstellen, darunter unserer Strecke zum Hotel, kann ich nicht begreifen. Wenigstens an Spieltagen müssen doch die U-Bahnen fahren! Und schon gar nicht zu rechtfertigen ist es, dass das FC-Bayern-Reisebüro, über das wir die Fahrt gebucht hatten, ein Hotel anbietet, das nach dem Spiel nicht mehr zu erreichen ist. So mussten wir notgedrungen ein Taxi nehmen und hatten noch Glück, dass wir eines abbekamen, denn wir waren beileibe nicht die einzigen Gestrandeten.

Das Spiel in der Allianz Arena war gleichzeitig der letzte Programmpunkt unserer Reise, auf der wir wieder einmal unverschämtes Glück mit dem Wetter hatten. München ist jedenfalls bei solchen Bedingungen auch im Winter eine Reise wert!

Fotos:




Zwei Aufnahmen von Schloss Nymphenburg.


 
 


Allianz Arena bei Tag.



Allianz Arena bei Nacht.


 

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