Im Juli 2009 reisten wir für eine Woche nach Bayern. Mit dem Cabrio fuhren wir vom Starnberger See durch das Voralpenland bis zum Bodensee und sahen dabei weite Teile des Allgäu. Für das Gelingen einer solchen Rundfahrt ist gutes Wetter natürlich unerlässlich, und wir hatten - von einigen bedeckten Vormittagen abgesehen - wirklich großes Glück, denn der ansonsten sehr launische Sommer 2009 zeigte sich in unserer Ferienwoche überwiegend von der sonnigen und warmen Seite.

Im Nachhinein gratulierten wir uns übrigens dazu, mitten in der Nacht angereist zu sein. In fünfeinhalb Stunden legten wir die ca. 700 km von Münster nach Starnberg zurück - ein Unterfangen, das tagsüber völlig unmöglich gewesen wäre, wie uns die endlosen Staus zeigten, die wir während der Rückreise auf der Gegenfahrbahn beobachten konnten. Besonders die A3 ist mit ihren Endlosbaustellen zwischen Frankfurt und Würzburg praktisch unbefahrbar.


Jedenfalls erreichten wir Starnberg am Sonntag Morgen gegen halb acht. Zu dieser Zeit sind dort die Bürgersteige noch hochgeklappt. Und auch der See ließ sich zunächst nicht blicken, denn das Stadtzentrum Starnbergs wird durch eine unschöne Bahntrasse vom See getrennt, und weite Teile des Ufers sind Privateigentum. Aus dem erhofften Kaffee auf einer lauschigen Terrasse am See wurde daher leider nichts. Immerhin fanden wir innerorts ein Hotel, das uns ein sehr gutes Frühstück servierte.

Deutlich besser als Starnberg gefiel uns der Ort Berg am Nordwestufer des Starnberger Sees. Dort mieteten wir uns in einem hübschen Hotel mit Seeterrasse ein. Es geht doch! Leider war unser Zimmer so früh am Morgen noch nicht frei, und so machten wir uns unmittelbar nach der Reservierung wieder auf die Socken. Unser Weg führte im Uhrzeigersinn um den See herum nach Bernried, wo sich das Buchheim-Museum befindet. Der bekannte Autor und Kunstsammler Lothar-Günther Buchheim ("Das Boot") lebte viele Jahre in Feldafing, einer Nachbargemeinde Bernrieds. Eigentlich wollte er dort ein Museum bauen, aber die Gemeinde legte ihrem prominenten und streitbaren Einwohner so viele Steine in den Weg, dass er schließlich nach Bernried auswich. Neben einer beachtlichen Sammlung vor allem expressionistischer Kunst ("Die Brücke") bietet das Museum ein sehr gutes Café und den vielleicht besten Blick über den Starnberger See. Für mich war es ein besonderes Erlebnis, das Museum zu besichtigen und nach Feldafing zu kommen, denn Lothar-Günther Buchheim gehört zu meinen Lieblingsautoren.

Weniger gelungen war der nächste Programmpunkt, nämlich ein Besuch des Klosters Andechs. "Dieses Kloster zu beschreiben hieße Eulen nach Athen tragen, so schön ist es", lasen wir in einem Reiseführer. Der Autor dieser Zeilen war offensichtlich nie dort, denn diese Beschreibung hat mit der Realität nichts zu tun. Bei diesem "Kloster" handelt es sich in Wahrheit um eine Brauerei, die jährlich hunderttausende Gäste mit Bier und deftiger bayerischer Küche abfüllt. In einem riesigen Biergarten sitzen ganztägig mit Bussen herangekarrte Horden von Menschen und saufen und fressen in sich hinein, was eben noch passt. Pardon, aber einen anderen Ausdruck für die Verhältnisse dort gibt es nicht. Da hilft auch die Klosterkirche nicht, die diesem Nepp quasi christliche Weihen verleihen soll.

Weitaus gemütlicher war ein kleiner Biergarten am Fuße des Klosters, wo es frische Steckerlfische (am Spieß geräucherte Forellen) zu erwerben gab. Jeder Fisch wurde individuell gewogen und in Kräutermarinade mit Kartoffeln und Brot serviert. Dazu schmeckt dann auch ein helles Weizenbier.

Zurück in Berg besuchten wir vor dem Abendessen noch die Gedenkstätte zu Ehren Ludwigs II. von Bayern, der bekanntlich 1886 im Starnberger See (damals noch "Würmsee") zu Tode gekommen ist. Wie, wurde nie ganz aufgeklärt. Sicher ist, dass er kurz zuvor gegen seinen  Willen entmündigt, abgesetzt und auf Schloss Berg unter Arrest gehalten wurde. Gegen Abend des 13. Juni 1886 brach er in Begleitung eines Arztes zu einem Spaziergang auf, von dem er nicht zurückkehrte. Seine Leiche (und die Leiche des Arztes) wurden später im See gefunden. Ein Kreuz markiert heute die Fundstelle. Die Gedenkstätte selbst besteht aus einer großzügigen Kapelle, die mitten im Wald steht. Dass sie nicht betreten werden darf, schadet nicht wirklich, denn ihr Inneres ist relativ schmucklos, wie in Blick durch das Portal verriet. Spannend zu hören war übrigens, welche Theorien zum Tode Ludwigs II. sich so mancher Mitbesucher zurecht gelegt hatte: "Die Preißn' hoam'n erschossn!", hieß es unter anderem.
 


Am nächsten Morgen verließen wir Berg und den Starnberger See in Richtung Kochelsee. Letzterer sollte eigentlich nur eine kurze Zwischenstation sein, aber er ist in jedem Fall eine Erwähnung wert. Ganz im Gegensatz zum Starnberger See ist er leicht zugänglich und wunderschön in die Landschaft eingebettet. Vor allem aber strahlt er eine göttliche Ruhe aus, denn von anderen Touristen war dort nichts zu sehen. Jemand ging mit seinem Hund spazieren, ein älterer Herr angelte von seinem Boot aus (siehe Bild ganz oben auf dieser Seite), das war's. Man hätte dort Stunden sitzen und einfach nur in die Gegend schauen können.
 

Hinter der Ortschaft Kochel am See begann einer der vielleicht schönsten Abschnitte unserer Tour: Die Kesselbergstraße führt in Serpentinen ein kurzes Stück hinauf zum Walchensee, der mit seinen 800m über NN immerhin 200m höher liegt als der unmittelbar benachbarte Kochelsee. Der Walchensee ist einer der größten (über 16 km2) und tiefsten (bis 192,3 m) Alpenseen. Auch hier herrschten jedenfalls an diesem Montagmorgen Ruhe und Frieden, obwohl die Kesselbergstraße ein Eldorado für Motorradfahrer und der See daher ein beliebtes Ausflugsziel ist. Wir mieteten ein Tretboot und ließen uns anschließend einen ofenfrischen Käsekuchen schmecken. Am Kochelsee und Walchensee erlebten wir Bayern von seiner schönsten Seite!