Nach der Besichtigung Kopenhagens stand bereits die Rückfahrt nach Deutschland auf dem Programm. Allerdings wollten wir nicht einfach nur Strecke abreißen, sondern unterwegs noch einige Stopps einlegen. Das erste Zwischenziel versprach bereits ein Highlight zu werden: Die Insel Møn mit ihren Kreideklippen, die der Däne "Møns Klint" nennt. Ganz im Osten der Insel ragt eine bis zu 128 m hohe, insgesamt 6 km lange Kalksteinwand aus dem Meer auf. Wie die meisten Kalkfelsen ist auch dieser aus vom Urmeer zusammengepressten Überresten von Kalkschalentieren entstanden.

 

Nach der Beschreibung im Reiseführer hatten wir uns eine einsame Steilküste vorgestellt, an der man auf die See hinausblicken und die Natur genießen kann. Genau so hatte ich es in Schottland und Irland mehrfach erlebt. Doch weit gefehlt: Der Däne hat auch aus Møns Klint einen Spaß für die ganze Familie gemacht. Es war unglaublich voll, überall sprangen schreiende Kinder herum, und bereits am frühen Nachmittag war im einzigen "Restaurant" vor Ort (einer besseren Frittenbude) das Smørrebrød ausgegangen. Okay, sagten wir, etwas zu essen bekommen wir auch anderswo, und dass man nicht allein auf der Welt ist, ist ja im Grunde gut so. Das Naturerlebnis versprach jedenfalls einmalig zu werden. Also nichts wie hin zu den Klippen.

Aber wo sind die Klippen? Außer Wald war rund um den riesigen, gleichwohl völlig überfüllten Parkplatz nichts zu sehen. Aha, ein Schild verriet, dass man erst noch eine Viertelstunde Treppen steigen muss, und zwar entweder hinauf (Klippen von oben) oder hinab (Klippen von unten). Man befand sich also in etwa in der Mitte. Wir entschieden uns für den Aufstieg, weil wir uns einen majestätischen Ausblick auf die See versprachen. Doch weit gefehlt: Man befindet sich die ganze Zeit in einem Wald, der nur sporadisch den Blick auf die Klippen und die See freigibt, und dann auch nie in majestätischer Weite, sondern immer nur in kleinen Lichtungen.

Fazit: Møns Klint ist super, wenn man mit kleinen Kindern ein Picknick machen oder durch den Wald spazieren will. Aber alles andere kann man dort komplett vergessen. Dieses Erlebnis zeigte uns einmal mehr, dass eine Beschreibung im Reiseführer nichts mit der Realität zu tun haben muss.

Eigentlich wollten wir die Nacht in einem weiteren Bed & Breakfast verbringen, und zwar in der Pension "Christinelund" in Præsto. Dafür mussten wir zwar wieder ein Stück zurückfahren, aber ein großer Umweg war es nicht. Nur hatten wir beim zweiten Versuch noch größeres Pech als bei unserem ersten B&B: Diesmal fiel nicht nur das Frühstück, sondern die Übernachtung insgesamt aus, weil schlicht und einfach niemand anzutreffen war. Es handelte sich um einen Bauernhof, der vollkommen menschenleer war. Alles Rufen und Suchen half nichts. Okay, das war ein Wink des Schicksals: Wir sollten schon einen Tag früher nach Deutschland zurückkehren. Zeit genug war noch. Also ab ins Auto und auf nach Rødbyhavn, von wo aus die Fähren nach Puttgarden auf Fehmarn übersetzen. Dort hatten wir Glück, denn es war verhältnismäßig leer, und Fähren verkehren alle halbe Stunde. Wir ergatterten noch einen Platz auf der erste Fähre, was an anderen Tagen übrigens keineswegs sicher sein dürfte, denn schon 5 km (!) vor dem Terminal stehen Stauschilder. An diesem 4.8.2010 konnten wir jedoch praktisch bis zur Schranke durchfahren. Nach 45 Minuten auf dem Wasser, die wir bei herrlichem Wetter sehr genossen, waren wir wieder in Deutschland.

 

Ursprünglich hatten wir geplant, den Urlaub mit zwei Übernachtungen in Travemünde ausklingen zu lassen. Durch unsere kleine Umstellung wurden daraus nun drei, aber zum Glück hatte unser Lieblingshotel spontan noch ein Zimmer frei. Wir waren bestimmt schon ein Dutzend Mal in Travemünde, "unserem" Ostseebad, und finden es immer wieder herrlich, dorthin zu kommen. Uns gefällt einfach die Atmosphäre, die sehr von der repräsentativen "Vorderreihe" an der Trave (Bild oben) und natürlich vom Fischerei- und Fährhafen geprägt wird, aus dem die ganz dicken Pötte der TT-Line nach Trelleborg übersetzen (Bild unten).
 

Wahrzeichen Travemündes ist die Passat, ein Viermaster, der 1911 bei Blohm & Voss vom Stapel lief und seit 1960 als Museumsschiff in Travemünde (genauer gesagt in Priwall auf der anderen Seite der Trave) liegt.
 

Während unseres Aufenthalts bekam die Passat übrigens Konkurrenz von der "Sea Cloud II", einem Kreuzfahrer, der für einen Tag am neuen Ostpreußenkai angelegt hatte. Ihr Auslaufen am frühen Abend, begleitet von einem Lübecker Shantychor, war das Ereignis des Tages!
 

Manche sagen, Travemünde sei nur was für alte Leute. Daran ist manches richtig, zum Beispiel dass das Publikum tatsächlich überwiegend aus Senioren besteht. Travemünde ist sicherlich auch weniger fein als z.B. Timmendorf, und einen Badeurlaub verbringt man vielleicht besser in Scharbeutz. Aber für uns ist Travemünde eben genau richtig! Wir haben dort "unser" Lokal, "unser" Hotel, "unseren" Buchladen, "unsere" Spazierrouten und so weiter, und die möchten wir eben nicht mehr missen. Drei Tage vergehen dort jedenfalls wie im Flug.
 

Fazit: Einen Urlaub in Dänemark werden wir so schnell wohl nicht wieder machen. Zwar gibt es dort wirklich schöne Ecken, aber erstens haben wir viele davon ja nun gesehen, zweitens ist das wechselhafte Wetter dort immer ein Thema, drittens hat man selten wirklich Ruhe und viertens sind die Preise dort nicht nur hoch, sondern schlich und einfach unverschämt. Ein paar Tage Travemünde im Jahr sind hingegen sehr zu empfehlen.