London / Portsmouth 2004

Karfreitag

Vorgeschichte
Wir schreiben das Jahr 1980. Es mag auch 1979 oder 1981 gewesen sein, aber jedenfalls ist es verdammt lang her. 1980 war ein großartiges, ereignisreiches Jahr. Deutschland wurde unangefochten Fußball-Europameister, Sarah Connor und Christina Aguilera wurden geboren, Alfred Hitchcock, Bon Scott und Jean-Paul Satre starben. Vor allem aber sah ich zum ersten Mal den Film "Des Königs Admiral" mit Gregory Peck und Virginia Mayo in den Hauptrollen im Fernsehen. Sofort faszinierte mich die Geschichte um den tapferen, aber etwas hölzernen Kapitän Horatio Hornblower (Peck), der einen übermächtigen Feind besiegt und sich schließlich in die vornehme Lady Barbara (Mayo) aus adeligem Hause verliebt, obwohl er selbst bürgerlich verheiratet ist. Wann immer der Film wiederholt wird, sitze ich bis zum heutigen Tage vor dem Fernseher, obwohl ich ihn längst auswendig kann und auf Video besitze. For ol' times sake.

22 Jahre später tausche ich in meinem Büro mit meinem Freund und Kollegen Uwe Erinnerungen an unsere Lieblingsfilme aus (in der Mittagspause, natürlich). Die Sprache kommt auf "Des Königs Admiral", woraufhin Uwe wie beiläufig erwähnt, dass es bekanntlich eine ganze Romanserie zu Kapitän Hornblower gibt. In diesem Moment schlug bei mir der Blitz ein! Ich hatte nicht die leiseste Ahnung! Aber es ist ja nie zu spät für Bildung, und 22 Jahre nach meiner ersten Begegnung mit Horatio Hornblower legte ich mir die Romanserie zu, wobei ich die ca. 3.500 Seiten in vielleicht 3 Monaten durchlas. Seither bin ich Hornblower-Experte, Eigentümer zahlreicher maritimer Romane und Kenner der Seekriegs-Geschichte zwischen 1750 und 1830, also der Zeit der großen Linienschiffe und Fregatten, mit denen die Seefahrer-Nationen, allen voran England, die Weltmeere beherrschten.

Das wohl berühmteste aller hölzernen Kriegsschiffe aus jener Zeit ist die HMS Victory, mit der Lord Horatio Nelson 1805 vor Kap Trafalgar die Vereinigte Flotte aus Franzosen und Spaniern unter Villeneuve besiegte und so nicht nur England vor der Invasion Napoleons rettete, sondern seinem Land auch die uneingeschränkte Seeherrschaft für die nächsten 150 Jahre sicherte. Nelson selbst fiel in der Schlacht, aber ausgerechnet sein Flaggschiff, die HMS Victory, hat sich als einziges Schiff ihrer Zeit bis heute erhalten. Sie - Schiffe werden feminin angesprochen - liegt im Portsmouth Historic Dockyard auf dem Trockendock und ist der Allgemeinheit zugänglich. Natürlich musste ich früher oder später dorthin, und natürlich hat meine liebe Freundin Susanne diesen Wunsch aufgeschnappt und mit einem tollen Weihnachtsgeschenk erfüllt: Ostern 2004 sollte es über London zum eigentlichen Ziel nach Portsmouth gehen. Hurra!

Anreise
Unser Flug ging von Münster nach London Stansted. Dieser Flughafen ist per Bahn ("Stansted Express") wunderbar an London angebunden, in ca. 30 Minuten erreicht man die Liverpool Station im Herzen der Stadt. Von dort aus schlugen wir uns per U-Bahn, die übri­gens nicht etwa "Subway", sondern "Underground" genannt wird, in unser Hotel durch, das unmittelbar gegenüber vom BBC-Gebäude lag. Selbiges wurde gerade renoviert und war zu diesem Zweck mit Gerüsten eingekleidet und von Baukränen umringt. Sicherlich wäre die Lärmkulisse unter der Woche kein Vergnügen für Hotelgäste gewesen, aber wir waren ja über die Feiertage dort. Glück gehabt.

Sightseeing
Da unser Flug schon um 6 Uhr morgens ging, waren wir bereits gegen 8 Uhr am Hotel und keine halbe Stunde später unterwegs in London. Natürlich führte unser erster Weg zum Trafalgar Square, in dessen Mitte Lord Nelson auf einer unendlich hohen Säule thront. Die Statue ist übrigens Nelson hervorragend nachempfunden, selbst die Gesichtszüge sind so in Stein gehauen, wie man sie aus zeitgenössischen Gemälden kennt. Und selbstverständlich fehlt ihm auch der rechte Arm, den er 1797 bei einer misslungenen Landung auf Teneriffa verlor.

Das Wetter in London war für ein April-Wochenende sehr gut, etwas bewölkt zwar, aber mit Auflockerungen und trocken. Wir entschieden uns daher, an diesem Tag einige Outdoor-Besichtigungen vorzunehmen - wer weiß, wie das Wetter an den kommenden Tagen wird, und ins Museum kann man immer noch. Zwar waren wir schon einmal in London, aber den Buckingham-Palast mussten wir uns natürlich ein zweites Mal ansehen, zumal er nur einen Katzensprung vom Trafalgar Square entfernt ist. Leider war Lisbeth wieder nicht zuhause bzw. hat sich nicht blicken lassen. Charly und die Jungs auch nicht. Dafür jede Menge Touristen, die auf den Wachwechsel der königlichen Leibwache warteten. Selbiger ist eine bessere Schützenfest-Parade mit Kostümen, die wir damals schon gesehen hatten und diesmal ausließen.

London Eye
Stattdessen machten wir uns am Big Ben vorbei auf zum London Eye, dem Riesenrad, in dessen gläsernen, ostereiförmigen Gondeln man einen hervorragenden Ausblick über die ganze Stadt haben soll. Leider war diese Attraktion, die es bei unserem ersten London-Aufenthalt noch nicht gab, selbst zu so früher Stunde bereits komplett überlaufen, und so mussten wir uns in die gefürchteten Endlos-Schlangen anstellen, von denen uns bereits im Vorfeld berichtet worden war. Jawohl, Schlangen, Plural. Eine am Schalter zum Erwerb der Tickets (11,50 Pfund pro Nase) und eine weitere vor dem Riesenrad selbst zum Einlass. Dass man die Wartezeit auf die Hälfte hätte verringern können, wenn man Ticket-Verkauf und Einlass verbunden hätte, hat den Betreibern offensichtlich noch keiner gesagt. Aber gut, wenn man einmal 'drin ist, in unserem Fall nach knapp zwei Stunden, kann man wirklich einen schönen Ausblick über die Stadt genießen. Für Foto-Freunde ist dieser allerdings nur bedingt zu empfehlen, da man sich die Gondel mit ca. 15 anderen Personen teilen muss, die immer irgendwie das Motiv versperren. Vor allem aber sind die Eisenträger des Riesenrads einfach nicht aus dem Bild zu kriegen. Naja, für ein Foto von Big Ben (genauer: Des Turms, in dem Big Ben hängt, siehe kleines Bild links) hat es trotzdem gereicht.

Vom London Eye aus gingen wir an der Themse entlang zur Tate Gallery, deren Exponate wir einer kurzen Besichtigung unterzogen, und von dort aus über die Millenium Bridge, übrigens einer weiteren Veränderung des Stadtbildes seit unserem letzten Besuch, zur St. Paul's Cathedral, in der u.a. Prinz Charles und Lady Diana getraut worden waren. In deren Nähe befindet sich praktischerweise eine U-Bahn-Station, denn wir mussten dringend zurück ins Hotel, sonst wären wir auf offener Straße vor Müdigkeit eingeschlafen.


Bilder:




Lord
Nelsons Statue am Trafalgar Square.




Das London Eye.



Blick über die Themse aus einer Gondel des London Eye.