2. Tag:
Echternach - Beauford - Vianden
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Echternach
Nach einem ausgiebigen Frühstück fuhren wir recht
früh von Trier aus über die Grenze nach Luxemburg. Es herrschte
noch Frühnebel, und die Temperatur lag um 10 Grad. Unsere erste
Station sollte
Echternach werden, ein mit 4.000 Einwohnern für
luxemburgische Verhältnisse recht großer Ort, der über einen
sehr schönen Marktplatz (Foto links) verfügt. Dieser
erinnert, da auch von Häusern mit mittelalterlichem Flair
umgeben, ein wenig an Trier, wenngleich hier alles zwei Nummern
kleiner ist als dort. Mitten auf dem Marktplatz steht noch ein
altes Kreuz, unter dem früher die Urteile des Stadtrates bekannt
gegeben und meistens auch gleich
vollstreckt wurden. Jener Stadtrat tagte damals wie heute im Dënzelt
(zu Deutsch "Dingstuhl" von "dingen",
althochdeutsch für "beraten"), dessen Fassade
auffällig aus der geschlossenen Häuserreihe hervorsteht.
Unmittelbar hinter dem Marktplatz steht die Basilika St.
Willibrord, welche die Gebeine des gleichnamigen
Klostergründers irischer Herkunft beherbergt (kleines Foto
rechts). Ungewöhnlich ist, dass die Kuppeln im Inneren der Kirche
abwechselnd von runden und viereckigen Säulen getragen werden.
Dieser Baustil ist als "Echternacher Stil" in die
Architekturgeschichte eingegangen. Zum Kloster gehört ein
kleiner, aber sehr gepflegter Klostergarten, der durch ein
schmiedeeisernes Gitter gegen Besucher abgeschirmt ist. Im Garten
steht die sogen. Orangerie, ein offensichtlich gut
erhaltener Barockbau. Am Klostergarten vorbei geht man unmittelbar
auf die Sauer zu, welche Luxemburg von Deutschland trennt. Über
eine schmale Fußgängerbrücke kann man nach Echternacherbrück
(wie passend) hinüber gehen, das schon wieder zu Deutschland
gehört.
Auf dem Weg zurück zum Auto kamen wir noch an der Kirche St.
Peter und Paul vorbei, die auf einem kleinen Hügel liegt. In
ihr befindet sich der Original-Sarkophag, der seit 1715 den alten
Steinsarg barg, in dem Willibrord einst bestattet wurde. Der
Eingang der Kirche ist übrigens nicht leicht zu finden, man muss
erst eine Holztreppe erklimmen und gelangt dann durch eine Tür,
die sicher nicht breiter ist als unsere Haustür, ins Innere der
Kirche.
Müllertal und Beauford
Mittlerweile hatte sich der Frühnebel vollständig verzogen, und
so konnten wir bei bestem Wetter unsere Fahrt durch den vielleicht
schönsten Teil
Luxemburgs fortsetzen: Das Müllertal, liebevoll auch die
"kleine Schweiz" (petit suisse) genannt. Die wenig
befahrenen, kurvigen Landstraßen führen durch eine
Waldlandschaft, die durch Felsformationen aufgelockert wird.
Häufig kreuzt man einen Bach, selten kommt man durch einen Ort.
Wir hatten es nicht eilig und fuhren absichtlich in einer großen
Schleife nach Beauford, unserem nächsten Zwischenziel.
Beauford ist nicht mehr als ein Dörfchen von gut 1.000
Einwohnern, und doch ist es eine Reise wert, weil an seinem Fuß
die Überreste einer alten Burg (Foto links) stehen, die
gut 800 Jahre alt ist. "Überreste" ist vielleicht etwas
untertrieben, denn die Burg ist sehr gut erhalten. Man kann sie
komplett besichtigen, und man hat sich viel Mühe gegeben, die
Funktion der einzelnen Räume zu erklären. Wer einmal einen Blick
in das Verließ geworfen hat weiß, das damals raue Zeiten
herrschten. Gleiches gilt für die Folterkammer, in der noch
Streckbank und eiserne Minna stehen. Es war die erste Burg auf
unserer sehr burgenreichen Reise, und ich kann nur sagen, dass es
mit die schönste Burg war. Schon das Erlebnis, nach einer
längeren Waldstrecke um eine Kurve zu fahren und plötzlich eine
gigantische Burganlage zur Rechten zu sehen, war etwas
Besonderes.
Vianden
Der Nachmittag und frühe Abend gehörte dann Vianden,
unserer zweiten Übernachtungsstation. Die Fahrt dahin war
wiederum herrlich, und das Navigieren in Luxemburg ist vollkommen
problemlos. Es gibt genügend unmissverständliche Schilder, und
selbst die kleinsten Nebenstraßen sind in einem hervorragenden
Zustand. Etwas die Ruhe stören können gelegentlich
Motorradfahrer, die neben dem Lärm, den sie verursachen, sich
manchmal allzu gewagt in die Kurven lehnen. Vielfach sieht man
Warntafeln, auf denen die Zweiradfahrer an den
lauernden Unfalltod erinnert werden, und ich kann mir gut
vorstellen, dass es hier schon mehr als einen Unglücksfall
gegeben hat. Wir waren aber offensichtlich zur richtigen Zeit
unterwegs, denn wir hatten kaum Verkehr.
Vianden liegt in einem Tal mitten in den Ardennen, und es wird
völlig zu Recht die "Perle der Ardennen" genannt. Wenn
man von der Anhöhe in den Ort hinein fährt, sieht man schon
deutlich vor dem Ortseingang die alles überragende Hofburg
(Foto rechts). Auch ihr Ursprung geht in römische Zeiten zurück
(4. oder 5. Jahrhundert), ihre Blütezeit hatte sie aber erst
knapp 1000 Jahre später. Heute gehört die zwischenzeitlich
völlig verfallene Burg der Stadt Luxemburg, die sie seit 1977 mit
großem Aufwand renoviert.
Im Ort fanden wir schnell unser Hotel "Heintz",
das familiär geführt wird. Die Zimmer sind frisch renoviert und
genügen allen Ansprüchen, das Restaurant produziert ordentliches
Essen zu überteuerten Preisen. Dafür muss man den Nusswein
probieren, eine Spezialität des Hauses, der ebenfalls nicht ganz
billig ist (9 Euro für eine Flasche mit 0,5 Liter), aber einen
originellen Geschmack hat, der uns weniger an Wein als mehr an
Marsala erinnert hat, also an Likör. Überhaupt hat sich Vianden
auf Nüsse spezialisiert: Es gibt einen Nussmarkt, auf dem man
neben Nusswein auch Essentialia wie Nusstee, Nussmilch oder
streichfeste Nusspastete kaufen kann.
Am Nachmittag fuhren wir mit der örtlichen Seilbahn einen
Hang hinauf, an dessen Gipfel ein Ausflugslokal liegt, das zwei
einmalige Vorteile hat: Einen unglaublichen Ausblick auf das Tal,
in dem Vianden liegt, und einen hervorragenden Apfelstrudel. Auch
der Apfelkuchen kann sich übrigens sehen lassen. Die
Seilbahnfahrt ist eine Schau für sich, besonders wenn man es wie
wir nicht gewohnt ist, außer zwei Brettern unter dem Hintern
nichts zwischen sich und dem Abgrund zu haben.
Erwähnen sollte ich noch, dass der weltberühmte Dichter Victor
Hugo ("Der Glöckner von Notre Dame") zwischen 1862 und
1871 viermal für kurze Zeit in Vianden weilte, wobei die
Umstände, die ihn nach Luxemburg trieben, einen eigenen Roman
wert wären. Verkürzt gesagt war er jedes Mal auf der Flucht,
einmal entging er gar nur knapp der Lynchjustiz in seinem Wohnort
Brüssel. Sein Haus in Vianden steht noch, und ein Hotel in dessen
Nähe trägt seinen Namen.
Bilder:
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