3. Tag: Clervaux - Esch-sur-Sûre - Bourscheid - Larochette
 

Clervaux
Von Vianden aus ging es nach Clervaux, der nördlichsten Station unserer Reise. Dorthin gibt es mehrere Strecken, die allesamt auf unserer Karte - dem unentbehrlichen Michelin Straßenatlas 717 im optimalen Touring-Maßstab 1:150.000 - grün markiert waren, was bekanntlich "landschaftlich schön" bedeutet. Ich kann jedenfalls von der von uns eingeschlagene Straße, die genau an der Grenze zu Deutschland entlang führte, nur schwärmen. Diese gut 30 km gehören sicherlich zu den schönsten, die das Land zu bieten hat. Bilder wie das kleine Foto rechts können die Landschaft nicht ansatzweise einfangen.

Die Einfahrt nach Clervaux ist ähnlich spektakulär wie die nach Vianden, vielleicht sogar noch ein bisschen spektakulärer. Der Unterschied liegt darin, dass Vianden von einer Burg überragt wird, Clervaux hingegen von einer Abtei, St. Mauritius und St. Maurus genannt. Sämtliche Gebäude derselben haben rote Dächer, was in Luxemburg sehr ungewöhnlich ist, wo ansonsten überall das Grau der Schieferdächer dominiert. Neben der Abtei bekommt  man bereits von weitem freie Sicht auf die im Ort befindliche Pfarrkirche (Foto links), die "nur" knapp 100 Jahre alt ist. Nachdem wir uns einen Parkplatz am Ortsrand gesucht hatten, gingen wir zunächst zu dieser Kirche hinauf, die auf einer kleinen Anhöhe liegt. Ich fand die Kirche wunderschön. Besonders aufgefallen ist mir, in welch hervorragendem Zustand sie sich befand. Alles war auf das Feinste sauber, und obwohl sie relativ schlicht eingerichtet ist, strahlte das ganze Interieur nur so vor Glanz. 

Auf dem Rückweg von der Kirche zum Markt kommt man fast zwangsläufig an der Schlossburg vorbei, die zumindest von außen mit ihrem weißen Anstrich auch sehr sauber aussieht. Sie beheimatet eine wohl recht bekannte Fotoausstellung, "The family of men" mit Fotografien von Edward John Steichen, der Menschen aller Kulturen und in allen Lebenslagen abgelichtet hat. Uns war das Wetter allerdings zu schön, als dass wir zu lange Zeit in geschlossenen Räumen verbringen wollten, und so ließen wir die Ausstellung aus. Vielleicht war das ein Fehler, wir werden es so schnell nicht erfahren, befürchte ich. Im Vorhof der Burg steht übrigens ein Sherman-Panzer aus dem 2. Weltkrieg, angeblich das einzige noch existierende Kettenfahrzeug, mit dem Clervaux gegen die Ardennenoffensive der Wehrmacht im Dezember 1944 verteidigt wurde. Jener Ardennenoffensive wird in Luxemburg noch vielerorts gedacht, in Ettelbrück gibt es z.B. ein Museum zu Ehren des US-Generals George Patton, dessen Truppen die Stadt am 25.12.44 von den Deutschen befreiten. 

Esch-sur-Sûre
Von Clervaux aus führt eine wiederum landschaftlich grandiose Strecke gen Süden, über Wiltz zum kleinen Dörfchen Esch-sur-Sûre, das malerisch direkt an der Sauer liegt. Natürlich hat auch dieser Ort seine eigene Burg, streng genommen sogar drei davon, denn es gibt insgesamt drei Plateaus mit den Überresten einer alten, gut 1000 Jahre alten Befestigungsanlage. Jene Plateaus muss man jeweils einzeln erklimmen, wenn man sich das Mauerwerk aus der Nähe betrachten will. Da es schon recht warm war, begnügten wir uns mit dem vorgeschobenen Wachturm (Foto links), der am besten erhalten ist und von dem aus man zudem einen schönen Blick auf das Dorf und die restliche Burganlage hat. Wir waren uns einig: Wenn jemand einmal wirklich abschalten will, sollte er ein paar Tage in Esch-sur-Sûre verbringen. 

Ganz in der Nähe liegt eine große Talsperre, mit der die Sauer zu einem künstlichen See aufgestaut wird, und ein kleiner Abstecher hierher lohnt sich allemal.

Bourscheid
Esch-sur-Sûre liegt wieder genau auf der Höhe von Vianden, und relativ exakt zwischen diesen beiden Orten liegt Bourscheid, wo es - was sonst - wieder eine Burg (Foto rechts) zu bestaunen gibt. Anfangs allerdings nicht, denn wenn man in den Ort kommt, ist von einer Burg weit und breit nichts zu sehen. Zudem liegt er genau auf dem höchsten Punkt der Umgebung, und man würde eine Burg doch auf dem Gipfel vermuten. So ist es aber nicht, denn man fährt erst noch geschätzte 1,5 km wieder steil ins Tal ab, bevor man plötzlich doch noch auf die riesige Anlage stößt. Es soll die zweitgrößte in ganz Luxemburg sein, un
d das will etwas heißen. Sie ist übrigens schwer zu fotografieren, weil man keine Distanz bekommt, um sie ganz einzufangen. Besonders imposant sind die vollständig erhaltenen Rundtüme mit ihren restaurierten Schieferdächern, die allein ein Kommen lohnen. Die Anlage war auch sehr gut besucht.

Um so unverständlicher finde ich es, dass das Cafe in der Burg keinen Kuchen verkauft. Und das an einem Sonntag Nachmittag gegen 15 Uhr. Eine Tüte Chips oder ein Eis am Stiel hätte man wohl bekommen können, aber das war's. Und dabei gibt es in der Burg eine sehr einladende Terrasse, von der aus man die Umgebung kilometerweit beobachten kann. Verschenkt!

An den Kuchen zu kommen war übrigens auch in der Folgezeit nicht ganz leicht. Zwar hatte ich von der Burg aus im Tal ein Gebäude ausgemacht, das von oben ein Gasthof zu sein schien, und tatsächlich kamen wir auf der Abfahrt mehr durch Glück als durch Verstand auch an jenem vorbei. Nur leider sprach die Bedienung dort weder Englisch noch Deutsch, sondern nur Letzeburg-Französisch. Wir konnten es kaum glauben, aber da stand eine junge Frau, geschätzt um die 20 vor uns, die den ganzen Tag Touristen zu bedienen hatte, und sie kannte weder die Begriffe "Kuchen" noch "cake" noch "apple pie". Mehr als ein Schulterzucken und ein ausdrucksloser, fast frecher Blick waren ihr nicht zu entlocken. Und wir waren mit unserem Französisch auch am Ende. Was hieß noch mal Kuchen...? Die Rettung war dann die Speisekarte, auf der wir Baumkuchen entdeckten, oder besser gesagt ein französisches Wort, das ähnlich wie Baumkuchen aussah. Auf gut Glück bestellten wir per Fingerzeig dieses Gericht, und tatsächlich bekamen wir einen Baumkuchen serviert. Hurra.

Später in Larochette ergab es sich, dass ich der Dame am Hotelempfang - ebenfalls um die 20 - diese Begebenheit erzählt habe, und sie meinte, so etwas sei in Luxemburg normalerweise ausgeschlossen, weil alle Schulen des Landes zwangsläufig Deutsch, Englisch, Französisch und eine vierte Sprache - die eigentliche Fremdsprache - unterrichten. 

Larochette
Apropos Larochette: Dort wollten wir zum dritten und letzten Mal übernachten, und von Bourscheid aus führt der Weg dorthin zwangsläufig durch die größeren Orte Ettelbrück und Diekirch. In Ettelbruck ist vor allem das oben erwähnte Patton-Museum bekannt, Diekirch ist in Luxemburg das Synonym für Bier, weil eine landesweit an jeder Ecke ausgeschenkte Biersorte nach diesem ihrem Brauort heißt. In Ettelbrück hatten wir zum ersten und einzigen Mal leichte Probleme mit der Navigation, aber nach vielleicht 10 Minuten führte dann doch ein rettendes Schild auf den richtigen Weg. Kein wirkliches Problem also.

Larochette (Fels) macht seinem Namen alle Ehre. Der Ort wird wie so viele auf unserer Reise von einer historischen Burg überragt, die auf einem Felsen vor den Toren des Städtchens steht. Auch diese Burg haben wir natürlich besichtigt. Sie stammt aus dem 12. Jahrhundert, und ihr alles dominierender Bestandteil ist der alte Wohnturm mit Rittersaal, Schlafräumen und der großen Küche. Die restliche Anlage ist nur zu einem sehr geringen Teil restauriert. Hier wird noch fleißig gebuddelt. Der Ort selbst (Foto links, von der Burg aus) ist vielleicht etwas mehr als die anderen Etappenziele auf unserer Fahrt auf Tourismus ausgerichtet, auch wenn man sich immer vor Augen führen muss, dass in Luxemburg alles ein paar Nummern kleiner ist als anderswo. Wenn ich also "auf Tourismus ausgerichtet" schreibe, darf man nicht gleich an El Arenal denken. Vielmehr bleibt das Leben stets recht beschaulich. Larochette verfügt über geschätzte fünf Gästehäuser, von denen das "Residence Hotel" das mit Abstand Beste ist. Es gibt mehrere Restaurants, von denen ich einige allerdings eher als Imbiss bezeichnen würde, und augenscheinlich machen viele Motorradfahrer hier Station. Etwas zu Essen gibt es nirgendwo vor 18.30 Uhr, und so mussten wir nach der anstrengenden Besichtigung der Burg noch eine gute Stunde Kohldampf schieben, bevor wir unser Abendmahl einnehmen konnten. Danach fielen wir wie tot ins harte Bett. So viel frische Luft macht müde.
 

Bilder:




Die Abtei über Clervaux.



Die Pfarrkirche in Clervaux vom Ortseingang aus.



Die Schlossburg in Clervaux.



Esch-sur-Sûre vom Plateau des Wachturms aus.



Der Wachturm (Vordergrund links) und die beiden anderen
Plateaus mit Überresten der Wehranlage.



Blick auf die Sauer von der Staumauer hinter Esch-sur-Sûre.



Rundturm der Burg von Bourscheid mit Schieferdach.



Wohnturm der Burg in Larochette vom Hotel "Residence" aus.