Hinter Tucumcari führt die Route 66 über Santa Rosa weiter nach Albuquerque. In Santa Rosa zweigt jedoch der Highway 84 in nördlicher Richtung ab, der nach Santa Fe führt. Diesen Abstecher muss man machen, denn Santa Fe ist auf seine Art einmalig. Wüsste man nicht, dass man sich in den USA befindet - in Santa Fe könnte man meinen, man habe sich nach Mexiko verirrt (okay, es liegt ja auch in New Mexico). Das liegt zum einen daran, dass viele Menschen mexikanischer und indianischer Abstammung hier leben, vor allem aber an der Bauweise im Pueblostil, die man hier von den Ureinwohnern übernommen hat und nach wie vor pflegt. Würden nicht moderne Autos durch die Straßen fahren, so könnte man meinen, sich in einer Indianersiedlung aus dem vorletzten Jahrhundert zu befinden. Unser Hotel ist ein schönes Beispiel für diesen Architekturstil:
 

Natürlich gibt es auch "normale" Häuser am Stadtrand (Santa Fe ist beileibe kein Indianerdorf aus dem 19. Jahrhundert mehr, sondern hat inzwischen über 70.000 Einwohner und ist Hauptstadt von New Mexico), aber jedenfalls die Innenstadt ist ganz vom Pueblostil geprägt.
 

Praktisch jedes Gebäude ist eine Sehenswürdigkeit. Selbst die St. Francis Cathedral (zu sehen auf dem kleinen Bild unten rechts) fügt sich harmonisch in das Stadtbild ein, obwohl sie eher an eine europäische Kirche als an ein mexikanisch-indianisches Gotteshaus erinnert. Kein Wunder übrigens, denn sie wurde von einem Franzosen erbaut, der, ohne seine europäischen Wurzeln zu verleugnen, sich dennoch den lokalen Gegebenheiten angepasst hat.
 

Uns hat Santa Fe sehr gut gefallen, zumal wir bestes Wetter hatten. Weniger lohnend fanden wir hingegen einen Aufenthalt in den umliegenden Kleinstädten wie Las Vegas (nicht zu verwechseln mit dem Spielerparadies gleichen Namens in Nevada) oder Santa Rosa. Im nachhinein war es richtig, dort nur ganz kurz Halt gemacht zu haben, denn gegenüber Santa Fe fallen sie weit ab.


Albuquerque sahen wir uns zuerst aus der Ferne an. Am Stadtrand führt nämlich die angeblich längste Seilbahn der Welt auf den Sandia Peak hinauf, von dem aus man einen weiten Blick über Albuquerque und die Umgebung hat. Ich würde allerdings sagen, dass die Mühe sich nicht wirklich gelohnt hat. Denn erstens ist das Vergnügen - wie bei allen Seilbahnen - nicht ganz billig (20$ pro Nase), zweitens sind halbstündige Gondelfahrten über dem Abgrund nicht für jeden (noch dazu in einer vollgestopften Gondel, in der den Lieben Kleinen nach zehn Minuten langweilig wird mit der Folge, dass sie zu plärren beginnen), und drittens ist man am Ende so hoch und so weit weg, dass man statt der Häuser nur noch kleine Punkte erkennen kann. Man blickt im Grunde in eine weite Wüstenlandschaft, in die eingebettet eine Stadt zu liegen scheint.

Interessanter ist Albuquerque aus der Nähe. Besonders Old Town sollte man sich ansehen. Old Town ist Santa Fe nicht unähnlich, mit dem Unterschied, dass die Kirche (San Felipe de Neri) hier wirklich alt ist. Für amerikanische Verhältnisse zumindest, denn sie wurde 1706 erbaut. Old Town ist sehr auf Tourismus ausgerichtet. Der ganze Block besteht praktisch nur aus Andenkenläden, Kunsthandlungen für das gesamte Repertoire indianischer Kunst (also vor allem für Schmuck, Bilder, Stoffe und Gefäße aller Art) und Imbissen. Leider sucht man ein vernünftiges mexikanisches Restaurant vergeblich, obwohl es in diese Umgebung doch bestens gepasst hätte. Anscheinend muss es immer Fastfood sein! Wie schade.

Das Allerbeste bot uns Albuquerque allerdings zum Schluss: Wir wollten einige Lebensmittel einkaufen und gerieten dabei eher durch Zufall in einen mexikanischen Supermarkt. Was sich darin abspielte, können Worte und Bilder nicht beschreiben, das muss man erlebt haben. Der ganze Laden war mit Lametta geschmückt (im August!), auf den Ventilatoren drehten sich kleine Fähnchen mit, und im Hintergrund spielte mexikanische Folkloremusik in Discolautstärke. Vor diesem Hintergrund wuselten gefühlte hunderttausend mexikanische Kunden durch die Reihen, die in der ihnen eigenen Tonart untereinander und mit den Verkäufern kommunizierten. Wir haben mit offenem Mund dagestanden und das bunte Treiben beobachtet. Die mexikanische Einkaufskultur unterscheidet sich etwas von der unseren, soviel wissen wir nun.

Wenn man nach Santa Fe und Albuquerque von Pueblos noch nicht genug hat, kann man noch einen Abstecher zum Acoma Pueblo machen. Selbiges liegt etwas abseits von Albuquerque atemberaubend auf einem Mesa, also einem Felsplateau hoch über der Landschaft.

Doch Vorsicht: Was aus der Distanz gewaltig aussieht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als recht heruntergekommenes Dorf. Zudem verlangen die Indianer, unter deren Verwaltung es steht, horrende Preise für den Zugang und verbieten sogar das Fotografieren, selbst wenn man sich zu einer Besichtigung entschließt (sie wollen offenbar nicht, dass Fotos vom tatsächlichen Zustand des Pueblos im Internet auftauchen, denn dann wäre es mit dem Touristenstrom möglicherweise bald vorbei). Wenn man also zum Acoma Pueblo fährt, sollte der sehr schöne, durch eine abwechslungsreiche Wüstenlandschaft führende Weg das Ziel sein.

Übernachtet haben wir in Gallup, einem weiteren Route-66-Städtchen. Allerdings nicht im "El Rancho Hotel", das mit seiner extensiven Plakatwerbung ganz Gallup dominiert (und vor dessen Restaurant man nur warnen kann), sondern in einem normalen "Best Western", wie es sie entlang der Route 66 in praktisch jedem Ort gibt.


Knapp 70 Meilen westlich von Gallup liegt der Petrified Forest National Park. Aus Westen kommend empfiehlt es sich, den Nordeingang zu nehmen, der unmittelbar an der I-40 liegt und zunächst durch die "Painted Desert" führt. Der ca. 28 Meilen lange Kurs setzt sich dann in den Petrified Forest NP fort und entlässt den Besucher am Ende auf den Highway 180, der nach Holbrook und damit zurück auf die Route 66 (bzw. die I-40, wenn man diese bevorzugt) führt.

Die "Painted Desert" ist - wie der Name schon sagt - eine bunte Wüste. Uns hat die Gegend sehr an den Badlands NP erinnert, wenngleich sie eine Spur weniger spektakulär war. Von einigen geschickt angelegten Aussichtspunkten aus hat man einen weiten Blick in die unwirtliche Landschaft. Diese setzt sich im Petrified Forest NP nahtlos fort, wobei der Unterschied darin besteht, dass man näher an die Felsen herankommt.

Der Petrified Forest NP verdankt seinen Namen den versteinerten Baumstämmen, die an vielen Stellen im Park herumliegen. Vor 225 Millionen Jahren war die Gegend von Flüssen durchzogen, an deren Ufern riesige Bäume standen. Fielen diese um, wurden sie von Wasser und Schlamm eingeschlossen und auf diese Weise konserviert. Mit der Zeit versteinerten sie durch den Druck der sie überlagernden Sedimente, und nach dem Austrocknen der Flüsse traten sie wieder zutage.

Ein besonders schönes Beispiel bildet die "Agate Bridge", die aus einem versteinerten Baumstamm besteht, der heute unmittelbar über einem tiefen Abgrund liegt. Wir haben Touristen beobachtet, die sich auf dem schmalen Stamm fotografieren ließen. Es gibt also offensichtlich Menschen, die für ein Urlaubsfoto ihr Leben riskieren.


Am Ende des Parks stößt man nach 19 Meilen bei Holbrook wieder auf die Route 66. Wüsste man es nicht, so könnte man es an den vielen Läden im Stil der 1960er Jahre leicht erkennen, die um die Gunst der Touristen werben. Nicht ohne Erfolg übrigens, auch wir haben in "Linda's Indian Arts & Crafts" ein Andenken erworben.

Noch 50 Meilen weiter lohnt sich ein Abstecher zum Meteor Crater, einer wohl einmaligen Sehenswürdigkeit. Die Erde ist im Laufe der Milliarden Jahre ihrer Existenz nicht selten von Meteoriten getroffen worden. Häufig sind es jedoch entweder so kleine Gesteinsbrocken, dass sie als Sternschnuppen in der Atmosphäre vollständig verglühen, oder sie sind so groß, dass sie einen Krater von vielen Kilometern Durchmesser hinterlassen, der mit bloßem Auge nicht mehr als solcher erkennbar ist. Letzteres kommt zum Glück sehr selten vor, ein Beispiel hierfür ist das Ende der Dinosaurier, die vor 65 Millionen Jahren durch einen solchen Brocken ausgelöscht worden sind. Am allerseltensten sind jedoch Meteoriteneinschläge, die einen genau passenden Krater hinterlassen, d.h. einen solchen, der weder zu klein noch zu groß ist. Ein solches Exemplar findet sich eigentlich nur an einer einzigen Stelle auf der Erde, nämlich hier:

Neben dem Krater selbst sollte man das angeschlossene Museum besuchen, denn es informiert sehr anschaulich über diesen und viele weitere Meteoriteneinschläge. Am Unglaublichsten fand ich die Geschichte von Elizabeth Hodges, einer Frau aus Alabama, die 1954 von einem 3,4kg schweren Meteoriten getroffen wurde, während sie auf ihrer Couch schlief. Das Ding war durch die Decke ihres Hauses geschlagen und traf sie an der Hüfte. Ich muss unbedingt mal nachsehen, ob wir gegen sowas versichert sind...