Obwohl sich das Wetter am Ende doch stabilisierte, haben wir an der Westküste mit Sicherheit nichts verpasst. Die Hauptsehenswürdigkeit in Sarasota ist das Ringling-Museum, das wir ebenso schon kannten wie Sanibel und Captiva Island vor Fort Myers. Einem erstmaligen Floridareisenden seien diese Stationen warm empfohlen, man kann sie auch zwei- oder dreimal sehen, muss es aber nicht unbedingt. Auch in den Everglades, die man von Westen aus kommend durchqueren muss, wenn man nach Key West will, sollte man sich beim ersten Mal vielleicht Zeit lassen, die US-41 nehmen, eine Alligatorfarm besuchen und/oder mit einem Propellerboot fahren. Aber auch das hatten wir schon getan, sodass wir uns für die schnellere I-95 entschieden, die uns an einem Tag immerhin bis Homestead brachte.

In Homestead gibt es nichts zu sehen, der Ort lebt nur von Touristen wie uns, die es an einem Tag nicht mehr bis auf auf die Keys schaffen. Immerhin findet man dort vergleichsweise günstige Übernachtungsmöglichkeiten. Unmittelbar hinter Homestead beginnt dann bereits die US-1, der sog. "Scenic Highway" Richtung Süden! Auf diese Strecke hatten wir uns schon sehr gefreut, denn das Schöne an Key West ist nicht nur der Ort selbst, sondern auch die Fahrt dorthin.


Wir haben festgestellt, dass die gut 120 Meilen über die Florida Keys an Attraktivität noch gewinnen, wenn man sie wiederholt fährt. In Key Largo beispielsweise, dem "Tor zu den Keys", das sich nach dem gleichnamigen Film mit Humphrey Bogart benannt hat, waren wir beim ersten Mal enttäuscht, dass es dort nichts zu sehen gab. Beim zweiten Mal hatten wir dem Reiseführer entlockt, dass vor dem örtlichen Holiday Inn die "African Queen" ihre letzte Ruhestätte gefunden hat, also jenes Schiff, das dem (ebenfalls mit Bogart verfilmten) Roman meines Lieblingsautors C.S. Forester seinen Namen gegeben hat. Bei dieser, unserer dritten Ankunft fühlten wir uns schon sehr erfahren - kurzer Stop am Holiday Inn, um nachzusehen, ob es der "African Queen" gut geht - und weiter ging es.


Manchmal trügt auch das eigene Gedächtnis. Ich hatte die Fahrt über die Keys so in Erinnerung, dass man sich zunächst bis Marathon vorkämpfen muss, einer recht genau in der Mitte der Keys gelegenen Ortschaft, bevor die Besiedlung dünner wird und die Straße links und rechts direkt am Wasser vorbei führt. Tatsächlich war dies aber auch schon lange vor Marathon der Fall. Die Fahrt war ein einziger Genuss, zumal wir bestes Wetter und wenig Verkehr hatten. Auf dem Rückweg nach Miami empfanden wir es ähnlich. Wenn man es sich irgendwie leisten kann, muss man diese Fahrt einmal im Leben unternommen haben. Langsam natürlich, den Blick links und rechts wandern lassend, um Land und Leute zu beobachten. Da gibt es Geschäfte mit riesigen Lobsterfiguren davor, Angler auf einer alten, nicht mehr benutzten Brücke, einen Kunstflohmarkt am Straßenrand, nette Fischrestaurants und vieles mehr. Alles ist bunt, lebhaft und irgendwie sommerlich.

Höhepunkt der Strecke ist sicherlich die "Seven Mile Bridge" (Bild). Ansonsten folgt in recht kurzen Abständen Key auf Key, aber an dieser Stelle wird auf knapp sieben Meilen nur über Wasser gefahren. Nachdem wir nun den Afsluitdijk in Holland kennen, der dieses Erlebnis nicht nur auf sieben Meilen, sondern auf neunundzwanzig Kilometern bietet, hat die "Seven Mile Bridge" vielleicht etwas von ihrem Zauber verloren, aber das heißt natürlich nicht, dass es nicht ein Erlebnis wäre, sie zu überqueren, zumal sich spätestens ab hier die latent mitfahrende Vorfreude auf das unweite Key West in den Vordergrund drängt.


Key West ist nicht nur der Endpunkt der Florida Keys, sondern auch der südliche Endpunkt der USA. Von hieraus geht es 90 Meilen über Wasser, dann ist man in Kuba. Der karibische Einfluss ist mit Händen zu greifen. An den Straßen und in den Gärten stehen Palmen, kubanische Zigarrenläden sind allgegenwärtig, es wird Calypso-Musik gespielt und überall - auch in den Bars und Restaurants - tragen die Leute leichte Badesachen. Das Publikum ist bunt, einheimische Latinos, Weiße und Schwarze mischen sich mit Touristen aus aller Herren Länder. Wir haben auch Deutsche angetroffen, allerdings nicht so viele wie bei früheren Aufenthalten.

In Key West gibt es ein "Pflichtprogramm", zu dem ein Foto vor der südlichsten Tonne der USA und ein Besuch des Hemingway-Hauses gehören. Wir sind darüber hinaus bis zum Ende der US-1 gefahren, wo man das legendäre 0-Mile-Schild zu sehen bekommt, das in Key West viele T-Shirts und Postkarten ziert.

Auch an Hemingways Stammkneipe "Sloppy Joe's" kommt man zwangsläufig immer wieder vorbei, weil sie in der Mitte der Duval Street liegt, der Hauptschlagader von Key West, wo sich auch unser erstes Hotel befand.

Man sollte sich Zeit nehmen und durch die Straßen schlendern, denn die vielfach im Kolonialstil erbauten Häuser stehen denen in St. Augustine an Schönheit und Atmosphäre in nichts nach. Was dort eine Spur feiner ist, ist hier eine Spur bunter. Natürlich kann man auch in Key West in solchen Häusern übernachten, natürlich haben wir uns dieses Vergnügen nicht entgehen lassen, und natürlich war es mit Preisen ab 200 Dollar für die Nacht wieder sauteuer.




















 

Unbedingt zu empfehlen ist ein Ausflug zu den "Dry Tortugas", auch wenn er - wie alles in Key West - auch nicht ganz billig ist. Über diesen wohl ungewöhnlichsten aller US-Nationalparks hatte ich an anderer Stelle schon ausführlich berichtet: Es handelt sich um eine Insel mitten im Atlantik, ca. 120 Meilen vom Festland entfernt, die die Amerikaner im 19. Jahrhundert komplett mit einem Fort zugebaut haben, das zunächst als Militärstützpunkt, später als Gefängnis diente. Man muss sich das wirklich so vorstellen, dass rundherum nur blauer Ozean ist, und mitten im Wasser steht plötzlich ein riesiges Fort!

Die sechs Millionen Backsteine für die Mauern hierher zu bringen, muss damals einen unglaublichen Aufwand bedeutet haben. Militärisch war Fort Jefferson, wie es heute heißt, natürlich ein Flop, kein einziger Schuss (außer zum Salut) ist jemals von der Batterie des Forts abgegeben worden, und dass die Bausubstanz unter dem salzigen Wind und dem unstabilen Boden aus Muschelkalk bald leiden würde, hätte man eigentlich wissen sollen.

Zu den "Dry Tortugas" führen zwei Wege - per Schiff und per Wasserflugzeug. Beim ersten Mal entschieden wir uns für das Schiff, was um die Hälfte billiger ist, dafür aber dreimal so lange dauert und logischerweise keine Vogelperspektive auf Fort Jefferson ermöglicht. Unser Katamaran von 2008 fährt übrigens nicht mehr, von zwei Wettbewerbern ist nur noch ein Monopolist übrig geblieben. Keine Ahnung, ob sich das negativ auf die Preise ausgewirkt hat, aber es ist zu vermuten. Wir erkundigten uns jedenfalls von Anfang an nur nach den Flugpreisen, und auch hier gibt es, da man auf einen Anbieter angewiesen ist, keinerlei Verhandlungsspielraum: 249 $ pro Nase für einen Flug von 40 Minuten! Wenn man überlegt, dass wir für den Transatlantikflug mit Air Berlin nur wenig mehr als das Doppelte bezahlt hatten, ist das ein stolzer Preis. Aber gut, mit einem Wasserflugzeug waren wir noch nie geflogen.

Unsere Maschine war übrigens eine zehnsitzige de Havilland DHC-3 von 1956 (!). Während wir auf den Piloten warteten, las ich mir im Hangar des kleinen Privatflughafens gelangweilt die Wartungsvorschriften der amerikanischen Luftfahrtbehörde FAA durch. Alle drei Jahre spätestens erfolge eine Kontrolle von Privatflugzeugen, stand dort. Im Flieger saß ich dann unmittelbar vor dem gut sichtbar aushängenden Wartungszertifikat der FAA - vom 1. Juli 2004! Hurra, ich befand mich also in einem Klapperflugzeug von 1956, das seit 7 Jahren nicht überprüft worden war. Da hieß es Vertrauen haben! (Nun, ich schreibe diesen Bericht, es ist also gut ausgegangen). Kritik: Für 249 $ pro Nase hätte man vielleicht einmal die Scheiben sauber machen können, dann wäre ein Foto aus der Luft ohne Wassertropfen und tote Mücken im Bild gelungen. Und einen Snack für unterwegs (bei der Schiffsreise eine Selbstverständlichkeit, weil es auf den "Dry Tortugas" nichts gibt) hätte man auch ruhig anbieten dürfen.

Vor Ort präsentierte sich Fort Jefferson in deutlich schlechterem Zustand als noch 2008. Insbesondere waren weite Teile der Außenmauer eingestürzt. Zwar waren - wie schon 2008 - unentwegt Bauarbeiten im Gange, aber das ist wohl ein Kampf gegen Windmühlen. Dennoch: Die Anlage hat nichts von ihrem eigenen Reiz verloren. Man kann im Grunde gar nicht fassen, was Menschen da errichtet haben.


Neben der Absolvierung des oben beschriebenen "Pflichtprogramms" an Sehenswürdigkeiten und einem Ausflug zu den "Dry Tortugas" haben wir noch einen Vormittag am Strand von Fort Zachary Taylor Beach verbracht. Wie der Name schon sagt, gehört zum Areal ein ehemaliger Militärstützpunkt. Zwar kostet es 7 $ Eintritt, wenn man das Gelände betreten will, aber die lohnen sich, denn dadurch bleibt der schöne Strand hinter dem Fort ruhig und sauber. Zudem hat man den besten Blick auf die dicken Kreuzfahrtschiffe, die ihren Weg in die Karibik antreten. Sogar Bänke und Tische zum Picknicken, Lesen und Ausruhen gab es.

Das Highlight folgt zum Schluss: An allen vier Tagen haben wir es uns zur Gewohnheit gemacht, abends am Mallory Square den Sonnenuntergang zu beobachten. Bewaffnet mit unserem Standardgedeck aus Piña Colada, Corona Extra und Sparkling Water saßen wir eine Stunde im "Sunset Pier" am Wasser und ließen den Tag ausklingen. Anschließend schlenderten wir über die Promenade zum Hotel zurück, vorbei an Kleinkünstlern, fliegenden Händlern und den riesigen Kreuzfahrtschiffen am Pier.


Das Ende unserer Zeit in Key West bedeutete gleichzeitig das Ende dieses erholsamen Urlaubs. Nach der wiederum sehr schönen Rückfahrt über die Florida Keys nach Miami stellten wir unseren Ford Mustang, der uns über 1.468 Meilen treu begleitet hatte, wieder bei Dollar ab. Am Flughafen fiel mein Blick auf einen Monitor von Air Berlin mit der Anzeige "Zielflughafen Düsseldorf: 8 Grad, Regen."