Von Midleton aus stand eine längere Fahrt gen Norden nach Kilkenny
an, der vorletzten Station auf unserer Reise. Eigentlich gibt es
keine Alternative zur N25, die in Waterford auf die N9
mündet, welche wiederum direkt nach Kilkenny führt. "Direkt" ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, denn man muss
erst einmal durch Waterford hindurch, und wenn ich oben schon
erwähnt hatte, dass alle irischen Innenstädte verstopft sind, so
war Waterford die allerverstopfteste unter den verstopften
Innenstädten. Für geschätzte 2 km Strecke, eher weniger,
benötigten wir eine glatte Stunde.
Jerpoint Abbey
An Programmpunkten wie einer Fahrt durch Waterford trennt sich die
Spreu vom Weizen, und nicht ohne Stolz kann ich berichten, dass
wir trotz dieser Strapazen und dem Wunsch, endlich Kilkenny zu
erreichen, kurz vorher noch einen Abstecher zur Jerpoint Abbey
gemacht haben. Südlich von Thomastown liegt die Ruine dieser Abtei
aus dem 12. Jahrhundert, die hervorragend erhalten ist. Ein großer
Zinnenturm überragt das inzwischen dachlose Kirchenschiff. Überall
stehen steinerne Statuen herum, und viele Gräber der Mönche, die
hier über 400 Jahre die Stellung hielten, sind mit schweren
Grabplatten aus Stein versehen. Die beste Sicht auf die Abtei als
Ganze hat man übrigens aus Süden kommend von der N9 aus, auf der
man leider weder anhalten noch an ihr entlanggehen kann (richtig,
zu schmal). Es lohnt sich daher, den Fotoapparat schon während der
Fahrt bereit zu haben, um notfalls aus dem Fenster ein Bild machen
zu können.
Klikenny
Kilkenny wird dominiert von Kilkenny Castle, dem
viktorianischen Nachbau einer Normannenfestung aus dem 12.
Jahrhundert. Das Schloss ist von einem herrlichen, weitläufigen
Park umgeben. Darüber hinaus verfügt Kilkenny über viele schöne
Kirchen, von denen wir natürlich die wohl bekannteste unter
ihnen, St. Canice's Cathedral, in Augenschein nahmen. Auf
der Suche nach dieser verliefen wir uns ein wenig und kamen so an
St. Mary's Cathedral (Bild links) vorbei, die ebenfalls
einen
Besuch lohnt. Weniger spektakulär war hingegen die im Reiseführer
erwähnte Black Abbey, die im Übrigen auch nicht schwarz
ist, sondern mausgrau wie alle Steinbauten in Irland.
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass wir in Kilkenny das beste Bed &
Breakfast der gesamten Reise vorfanden. Vielen Dank auf diesem Weg
noch einmal an Liam Hennessy und sein Team von der "Castle Lodge".
Eine Randepisode ereignete sich dort beim morgendlichen Frühstück.
Auf der Suche nach einer Zeitung mit Wetterbericht kam ich mit
Liam über die WM 2006 ins Gespräch. Er wollte wissen, ob
Deutschland die WM gewinnt, was ich mit "I don't think so, but I
certainly hope so" wahrheitsgemäß beantwortete. Sodann ging es um
Rooney und dessen Verletzung. Iren hassen bekanntlich die
Engländer, und Liam machte keinen Hehl daraus, dass er sich
wünschte, Rooney würde nicht spielen können. Ach ja, Ballack falle
ja leider auch für die WM aus, meinte er so ganz nebenbei, weil
irgend ein 18jähriger aus der A-Jugend von Servette Genf ihm bei
einem Testspiel den Knöchel verletzt habe. Schock in der
Morgenstunde! Mir fiel natürlich die Kinnlade 'runter, und ein mir
sogleich präsentierter Zeitungsbericht gleichen Inhalts war Anlass
genug für einen sofortigen Anruf in der Heimat. Von dort aus
erfuhren wir dann Gott sei Dank, dass die Verletzung halb so
schlimm war und Ballack nach einer Woche Pause würde wieder
spielen können. Puhhh.
Wicklow Mountains
Leider verblieb nur noch ein Tag auf unserer Reise, den wir zu
jener Wanderung in den Wicklow Mountains nutzen wollten,
die schon für den ersten Tag geplant und wegen des Wetters bis auf
den Schluss verschoben worden war. Und es schien, als sollte sie
erneut ins Wasser fallen, denn auf der ganzen Fahrt von Kilkenny
durch die Berge nach Glendalough, dem besten Ausgangspunkt
für Wanderungen in den Wicklow Mountains, goss es wieder wie aus
Eimern. Und selbst auf dem Parkplatz des Besucherzentrums in
Glendalough wurden wir noch nass. Doch auf geradezu wundersame
Weise hörte es ein paar Minuten später auf zu regnen, und eine
weitere halbe Stunde später waren auch die Wolken verzogen.
Anschließend schien den ganzen Tag die Sonne, und wir wurden auf
diese Weise für unsere Geduld entschädigt.
Die Wanderung in den Wicklow Mountains gehörte für mich zu den
absoluten Höhepunkten der ganzen Reise. Vielleicht war sie der
Höhepunkt überhaupt. Man kann verschiedene farblich markierte
Routen begehen, die unterschiedliche Schwierigkeitsgrade aufweisen
und vom harmlosen Waldspaziergang bis zum Balanceakt entlang der
Klippen reichen. Wir entschieden uns für eine Kombination aus der
grünen und der blauen Route und hatten damit großes Glück, denn
wie sich im Nachhinein herausstellte, dürfte vor allem die blaue
Route, "The Spinc" getauft, die zweitschwerste und zugleich
schönste der gesamten Gegend sein (Bild rechts).
Zuerst ging es aber entlang der grünen Route am "Lower Lake"
vorbei, an dem der Wind in Orkanstärke durch das Tal blies. Vor
dem See stehen der "Round Tower" und die Überreste einer
alten Abtei, die wir auf dem Rückweg besichtigten. Man kann auch
einen kleinen Abstecher zu "St. Kevin's Cell" machen, den
Überresten der Unterkunft
von
St. Kevin, des wohl berühmtesten Mönchs dieser früher insgesamt
sehr bedeutenden Abtei.
Am Ende der grünen Route dringt man bei mäßiger Steigung tief in
ein Waldgebiet ein. Der Pfad führt vorbei an den Poulanass
Waterfalls (Bild) bis zu einer kleinen, leicht zu verfehlenden
Einmündung, von der ab es auf die steil bergan führende blaue
Route geht. Auf zwei parallel in den Boden eingelassenen
Eichenbalken kämpft man sich vorwärts, bis man schließlich auf dem
Gipfel des Hügels steht. Von dort aus hat man einen herrlichen
Blick in das Tal mit seinen zwei Seen, der die Mühe allemal lohnt.
Weiter geht es am Abgrund entlang, parallel zum im Tal liegenden "Upper
Lake", bis etwa auf Höhe von dessen Ende eine Schleife wieder
in den Wald zurück führt, in dem man den Abstieg wagen muss.
Dieser führte in unserem Fall zunächst einen unbefestigten und
durch die vorausgehenden Regenfälle noch ziemlich matschigen
Abhang hinunter, bis wir auf einen Wanderweg stießen, der den
Rückweg zum reinsten Vergnügen machte.
Alles in allem legten wir in gut 3 Stunden ca. 7 km zurück.
Selbstverständlich gibt es auch noch viel längere Strecken, wie
etwa die ganz bis ins Tal mit der verlassenen Bergwerkssiedlung
hinunter, aber das Beste haben wir gesehen, glaube ich. Ich bin
immer noch ganz begeistert und kann es nur nochmals betonen: Ein
Irlandurlaub ohne Wanderung in den Wicklow Mountains ist kein
Irlandurlaub!
Nach diesem Erlebnis standen dann nur noch die kurze, ereignislose
Rückfahrt nach Dublin und am nächsten Morgen in aller Früh der
ebenso kurze und ereignislose Rückflug nach Düsseldorf an.
Bilder:
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