Bozen und Ötzi
Etwas nördlich von Kaltern liegt
Bozen. Die kleine Stadt beheimatet einen Weltstar, wenn auch einen sehr alten: Am 19.9.1991 sahen zwei deutsche Touristen bei einer Bergwanderung den Oberkörper einer Leiche aus dem Schnee herausragen. Sie dachten an einen Unfall oder ein Verbrechen und alarmierten einen Hüttenwirt, der dann einen ersten, äußerst laienhaften Bergungsversuch unternahm. Erst einige Zeit später wurde offensichtlich, dass dies keine gewöhnliche Leiche war, sondern man es mit einem Mann zu tun hatte, der vor langer, sehr langer Zeit verstorben war. Man schätzte sein Alter zunächst auf einige hundert Jahre, doch tatsächlich waren es 5.300 - die älteste Leiche der Welt. Noch dazu perfekt mumifiziert vom Eis, in das er eingeschlossen war. Um seine Fundstelle herum fand man zahllose Gegenstände aus grauer Vorzeit, die dem offenbar rituell bestatteten Mann mit ins Grab gelegt worden waren. Die Legende von Ötzi, wie er später getauft wurde, war geboren.

In Bozen, genauer gesagt im
Südtiroler Archäologiemuseum, hat Gletschermann "Ötzi" seine letzte Ruhestätte gefunden. Er liegt in einer Eisbox (Bild: Postkarte), die genau die klimatischen Verhältnisse "seines" Gletschers simuliert (-6 Grad Celsius bei 98% Luftfeuchtigkeit), damit die Mumie nicht zerfällt. Auch die Ausrüstungsgegenstände sind allesamt auf optisch sehr ansprechende Weise ausgestellt. Es gibt sogar eine lebensgroße Rekonstruktion von "Ötzi", die wissenschaftlich höchst genau sein soll. Eine sehr interessante Ausstellung, die man gesehen haben muss, wenn man schon vor Ort ist. Dass die Italiener ihn in Beschlag haben, liegt übrigens daran, dass die Leiche des Ermordeten - er wurde von einem Pfeil in den Rücken getroffen - genau 92,56m von der österreichischen Grenze entfernt auf italienischem Boden lag, wie ich einem spontan erworbenen, sehr guten Buch entnommen habe.

Neben "Ötzi" verfügt Bozen noch über eine ganz nette Altstadt mit der sogen.
Laubengasse. "Lauben" ist das in Südtirol und der Schweiz gebräuchliche Wort für einen Bogengang, zu dem wir wohl Arkade sagen würden. Entlang desselben befinden sich Geschäfte und Cafes. Einen Marktplatz mit einem recht ansehnlichen Rathaus gibt es auch. Nach Museum, Spaziergang und Cafebesuch war der Vormittag um.

Seiser Alm
Gegen Mittag erreichten wir
Völz am Schlern, unsere Station für die Nacht. Weil unser Zimmer noch nicht bereit war, hielten wir uns aber zunächst nur kurz im Hotel auf und fuhren direkt weiter zur Seiser Alm, bzw. zum Parkplatz am Fuße der Seiser Alm, denn zu dieser führt nur eine Seilbahn (12 €) hinauf. Eine Alm kannte ich bisher nur aus "Heidi", und so hatte ich mir die Seiser Alm auch vorgestellt, also als grüne Wiese, auf der vielleicht ein einsames Blockhaus steht, vor dem ein Bernhardiner mit Weinfass um den Hals liegt. Gerne hätte noch der Alm-Öhi Holz sägen und der Geißenpeter die Ziegen hüten dürfen - aber Pustekuchen! Oben angekommen stellten wir fest, dass dort ein richtiger kleiner Ferienort entstanden war, der offensichtlich hauptsächlich auf Skifahrer im Winter hofft. Die zahlreichen Gasthöfe versperrten die Aussicht ins Tal, und obwohl jetzt im Sommer nicht viel los war, kam ein richtiges "Alm-Feeling" nicht auf. Nix mit Almidylle. Natürlich hätte man durchaus zu einer Wanderung aufbrechen können, aber dazu war es etwas zu warm. Wir beschlossen daher nach kurzem Aufenthalt wieder mit der Seilbahn ins Tal und anschließend zurück zum Hotel zu fahren, zumal selbiges deutlich interessanter zu sein versprach:

Hotel Turm in Völz am Schlern
In der Tat kann man einen ganzen Nachmittag damit verbringen, das Hotel Turm zu erkunden, ohne am Ende alles gesehen zu haben. Der Eigentümer hat dort bspw. Kunst aus allen Epochen angehäuft. Die Wände des ganzen Hotels sind mit Originalbildern bedeckt, überall stehen Skulpturen herum, und in den unteren Geschossen gibt es eine eigene Ausstellung. Das Hotel verfügt zudem über einen großartigen Wellness-Bereich, in dem es neben den üblichen Einrichtungen wie Massagebank und Whirlpool Zimmer wie das "Fichtenstüberl" gibt, wo der ganze Boden mit Ästen von Fichten bedeckt ist, durch die heißer Wasserdampf geblasen wird, oder die "Salzgrotte", in der sich Wasserbetten befinden, auf denen man zu psychedelischer Musik vor sich hin dösen kann. Das ganze Hotel ist in den Hang integriert, an dem es liegt, und deshalb auch von seiner Architektur her einmalig. Unser Zimmer war luxuriös, anders kann man es nicht sagen, und das Vier-Gänge-Menü am Abend auf der Hotelterrasse schmeckte sehr gut. Kurz vor dem Nachtisch regnete es übrigens für 10 Minuten einige Tropfen. Es sollte der einzige Niederschlag während des ganzen Urlaubs bleiben.

Große Dolomitenstraße
Am nächsten Tag befuhren wir die
Große Dolomitenstraße von Völz am Schlern zunächst bis Cortina d'Ampezzo, dem weltbekannten Wintersportort, wo 1956 die Olympischen Winterspiele stattfanden. Die Große Dolomitenstraße ist eine der schönsten Gebirgsstraßen Europas, wenn nicht die Schönste. Wenn man früh losfährt, herrscht auf ihr erstaunlich wenig Betrieb. Man teilt sich die Straße hauptsächlich mit Radsportlern, die ihr Glück die engen Serpentinen hinauf versuchen. Lediglich im Touri-Ort Pozza di Fassa, dem "Tor zu den Dolomiten", war morgens um halb zehn schon die Hölle los. Als vorteilhaft erwiesen hat sich übrigens, dass wir die Strecke von West nach Ost befuhren. In der Gegenrichtung herrschte schon mehr Verkehr, was daran liegen könnte, dass die maßgeblichen Reiseführer die Strecke auch von Ost nach West beschreiben.

Cortina d'Ampezzo
Den Gipfel der Großen Dolomitenstraße bildet der
Pordoi Pass, der immerhin 2.239 m hoch liegt und einen schönen Ausblick bietet. Nach Cortina 'd Ampezzo geht es dann schon wieder ein gutes Stück bergab (1.224 m). Keinesfalls verpassen darf man den schönen Blick auf die 8000-Seelen-Gemeinde, den einem die Dolomitenstraße in einer Kurve plötzlich eröffnet - ohne Vorankündigung und ohne Viewpoint natürlich. Zum Glück konnte man in einer Haltebucht hinter einem Tunnel notdürftig parken.

Cortina d'Ampezzo selbst ist - wie erwähnt - ganz auf Wintersport ausgerichtet. Hier und an einigen anderen Orten auf unserer Reise konnte man erleben, dass im Sommer fleißig gebaut wurde, damit im Winter wieder alles schön ist. Das komplett von majestätischen Bergen umschlossene Städtchen macht einen sehr ordentlichen Eindruck. Das Zentrum wird von einer stattlichen Kirche dominiert, die mitten in einer Fußgängerzone ("Corso Italia") mit schönen Geschäften liegt. In ihrer unmittelbaren Nähe hat man dem berühmtesten Sohn der Stadt, dem Bergführer und Dolomitenpionier Angelo Dibona, ein Denkmal gesetzt. In einer guten Stunde hat man alles gesehen.

Lago di Misurina
So blieb uns noch Zeit für einen Abstecher zum
Lago di Misurina. Ich habe ja schon viel gesehen, aber einen so einmalig schönen Bergsee noch nicht. Hinter ihm erheben sich die "Drei Zinnen" auf fast 3.000 m Höhe, auf denen ganzjährig Schnee liegt. Viele Motorradfahrer rasteten am See oder gönnten sich ein Weizenbier in einem örtlichen Lokal (alkoholfrei, nehme ich an).  Bereits gegen Mittag erreichten wir dann unsere nächste Station, St. Lorenzen, genauer gesagt die Sonnenburg bei St. Lorenzen, wo wir übernachten wollten.

Bruneck
Nach einer längeren Mittagsruhe dort machten wir uns noch einmal auf den Weg, um
Bruneck zu erkunden, den mit immerhin 5.000 Einwohnern größten Ort in der näheren Umgebung. Wir kannten Bruneck bis dato überhaupt nicht, und waren auf das Angenehmste überrascht, wie hübsch man sich anlässlich des 750jährigen Bestehens, von dem überall Plakate kundtaten, herausgeputzt hatte. Viele öffentliche Gebäude waren offensichtlich entweder neu errichtet oder frisch renoviert worden, ebenso die von uns besichtigten Kirchen St. Katharina am Rain und die Pfarrkirche (Bild) mit ihren vorzüglichen Deckengemälden.

St. Katharina am Rain steht am Fuße eines Hügels, auf dem sich eine Burg (13. bis 16.Jahrhundert) befindet, in der eine Kunstausstellung stattfand. Trotz wiederum recht heißen Wetters wagten wir auch diesen Aufstieg und wurden oben mit einer schattigen Bank und einem kalten Wässerchen belohnt. Nach dem Abstieg fuhren wir zum Hotel zurück und ließen den ereignisreichen Tag in Ruhe ausklingen.

Bilder:




Ötzi zu Lebzeiten nach wissenschaftlicher Rekonstruktion (Quelle: Postkarte).



Zwei Impressionen von der Großen Dolomitenstraße.







 Blick auf Cortina d'Ampezzo von der Großen Dolomitenstraße aus.



Der Lago di Misurina.



St. Katharina am Rain in Bruneck.