In Page musste eine Entscheidung getroffen werden. Ursprünglich hatten wir vor, zum North Rim des Grand Canyons zu fahren. Am reger frequentierten South Rim waren wir schon zweimal, den North Rim kannten wir hingegen noch nicht. Allerdings hat es auch einen Grund, dass dort weniger Touristen sind, er ist nämlich nur schwer zu erreichen. Von Page aus hätten wir 78 Meilen die 89-A West und noch einmal 41 Meilen die 67 South fahren müssen, ohne dass es unterwegs etwas zu sehen gegeben hätte. Anschließend wäre es zwangsläufig die selbe Strecke zurück gegangen. Insgesamt hätten wir also knapp 240 Meilen fahren müssen, nur um den North Rim zu sehen. Das erschien uns unverhältnismäßig, und so entschieden wir uns schließlich dagegen.

Fährt man die "Standardroute" zum South Rim, führt diese über die 89 South und die 64 West zunächst zum Desert View Watchtower, dem "Tor" zum Grand Canyon (Bild oben). Vom Watchtower hat man bereits einen sehr schönen Blick auf die Weiten des Grand Canyons:

Am Watchtower bemerkten wir erstmals, dass sich am Grand Canyon seit unserem letzten Besuch vor sieben Jahren sehr viel verändert hat. Alles ist wesentlich touristischer geworden. 2002 konnte man noch mit dem Pkw vorfahren und im Schatten des Watchtowers parken. Heute gibt es einen weitläufigen Parkplatz, der nur über einen Fußweg mit dem Watchtower verbunden ist. Rundherum gibt es ein Visitorcenter, einen Andenken- und einen Buchladen sowie ein Cafe. Nichts davon stand 2002. Natürlich war dementsprechend auch mehr los als früher. Vor allem trafen wir viele Deutsche an. "Des hebbe mir im Ländle nit", quasselte eine Dame aus dem Badischen hinter mir unentwegt. Noch extremer war es im Grand Canyon Village, das früher aus einem Visitorcenter, einer Tankstelle und einem Hotel bestand, heute hingegen über Andenkenläden ohne Ende und sogar einen Supermarkt in Mallgröße verfügt.

Zum Glück liegen diese Bauten alle etwas abseits des eigentlichen Canyons, sodass das Naturerlebnis eines Ausblicks auf diese gewaltige Schlucht nicht getrübt wird. Wir fuhren diverse Viewpoints ab, der Schönste von allen ist und bleibt aber der Mather Point. Zu erreichen war er an diesem 8.9.09 nur über einen kleinen Fußweg vom Yavapai Point aus, weil Straßenbauarbeiten einen Teil des Grand Canyon Villages unpassierbar machten. Kein Opfer, denn der Anmarsch führt genau am South Rim entlang. Besonders abends sollte man dort (oder am Hopi Point) sein, wenn die untergehende Sonne den Canyon rot und lila färbt.

Übrigens verlieren sich in den Weiten des Grand Canyons auch die Touristenmassen. Wenn ich oben also erwähnt habe, dass es touristischer und voller geworden ist, soll das nicht heißen, dass es am Grand Canyon nun chinesische Verhältnisse gibt. Selbst am Mather Point fanden wir ohne lange zu suchen ein einsames Platzchen, wo wir ungestört den Sonnenuntergang beobachten konnten.

Wenn man es nur irgendwie einrichten kann, sollte man einen Hubschrauberflug in den Grand Canyon machen. Zwar sind die Preise gesalzen, aber das Erlebnis ist so einmalig, dass es die Investition in jedem Fall wert ist. Zwei Möglichkeiten bieten sich an: Entweder man fliegt vom Grand Canyon Village oder von Las Vegas aus. Ab Las Vegas ist der Flug mehr als doppelt so teuer, dauert aber auch doppelt so lange, und man fliegt zusätzlich noch über die Stadt, den Hoover Dam und den Lake Mead. Ab Grand Canyon Village ist es mit anderen Worten günstiger, aber nicht ganz so spektakulär. Von der Tageszeit her scheint mir ein Flug am späten Nachmittag ideal zu sein, denn dann kommt man in den Genuss unterschiedlicher Lichtverhältnisse.


Die Fahrt vom Grand Canyon nach Las Vegas, der letzten Station unserer Reise, führt zwangsläufig am Hoover Dam vorbei. Auch dort waren wir schon zweimal, und wie 2000 und 2002 haben uns auch dieses Mal die gewaltigen Ausmaße dieses Staudamms beeindruckt.

Auch am Hoover Dam hat sich viel getan und tut sich noch viel. Insbesondere will man den Verkehr über eine neue Trasse führen und so ganz vom Damm fernhalten. Das rasante Wachstum von Las Vegas, dessen Großraum mittlerweile über zwei Millionen Einwohner hat, sowie Sicherheitsaspekte haben dies notwendig gemacht. Auf den Bildern oben und unten rechts erkennt man die im Bau befindliche Brücke über das Areal. Faszinierend auch die kreuz und quer ins Tal gesetzten Strommasten.

Trotz der imposanten Anlage hielten wir uns nur kurz am Hoover Dam auf. Erstens hatten wir schon mehrfach Vergleichbares gesehen, zweites erreichten wir hier mit 106 Grad Fahrenheit oder 41 Grad Celsius unseren persönlichen Hitzerekord, und drittens war die Vorfreude auf Las Vegas einfach zu groß. Schließlich wollten wir in Las Vegas heiraten, und wenn man begriffen hat, dass man den Rest des Lebens zusammen verbringen will, dann will man auch, dass der Rest des Lebens so schnell wie möglich beginnt.


Unsere Ankunft in Vegas zelebrierten wir stilecht mit einer Cabriofahrt den Las Vegas Boulevard hinauf, den alle Welt nur als "Strip" kennt. Casinos und spektakuläre Hotelfassaden, wohin man schaut:

Klar, dass uns der Tag bei diesen Attraktionen nicht lang wurde. Zum Spielen in den Casinos blieb da gar keine Zeit. Auch Elvis war da, die seit 1977 kursierenden Gerüchte über seinen Tod sind also offensichtlich unwahr.

Abends fuhren wir noch zum Stratosphere Tower, um den genialen Ausblick auf "Vegas bei Nacht" erleben zu können. Total irre ist die Achterbahn auf dessen Dach. Ich würde sterben, wenn ich da mitfahren müsste.

 

Am nächsten Tag, dem 10.09.2009, haben wir in Las Vegas geheiratet. Mit einem Hubschrauber ging es zum West Rim des Grand Canyons, wo Friedensrichter Rev. Noble James Hamilton Jr. die Trauung vornahm. Der schönste Tag in unserem Leben war gleichzeitig der letzte unserer Reise durch den mittleren Westen der USA.